Im Rahmen des Projektes Crossing Borders – von See zu See kooperiert die HTWG Konstanz mit dem Theater Konstanz. Hier das Resumée der Hochschule:
Zweisprachig, interkulturell und mit künstlerischem Interpretationsspielraum – das waren die Anforderungen, die das Theater Konstanz an die Kommunikationsmittel für ein internationales Theaterprojekt mit dem Theater Nanzikambe Arts in Malawi stellte.
Studenten aus dem Hauptstudium haben sich im Modul “Editorial Design” bei Prof. Karin Kaiser diesen Ansprüchen gestellt. Ergebnisse der Kooperation sind ein visuelles Erscheinungsbild für die dreijährige Kooperation sowie Kommunikationsmittel für das Stück “Nkhata Bay – Inventing Parzival”. Vom zweisprachigen Programmheft bis zum Plakat, vom Flyer bis zum Identifikationselement haben die Studenten eine Bildsprache gefunden, die sowohl Designer als auch Theaterleute – und hoffentlich das Publikum – überzeugt.

Es war ein für alle Beteiligten intensives Semester: James Chan-A-Sue reiste mit einer Delegation des Theaters nach Malawi, um die erste Begegnung von Schauspielern und Regisseuren zu dokumentieren. Zurück kam der Student voller Eindrücke, berichtete einen Abend lang seinen Kommilitonen von den Lebens- und Arbeitsumständen, die er im glühend heißen Afrika vorgefunden hatte – und er hat das Erlebte in einem Buch festgehalten.
Dann begann der Entwurfsprozess – und der Termindruck war groß. Bereits vor der Weihnachtspause sollten die Entwürfe im Theater präsentiert werden. Dort war man letztlich von der Fülle der Ideen überwältigt. Das Rennen machte schließlich eine Kombination aus mehreren Vorschlägen, die die kulturelle Grenzüberschreitung visualisieren: Im Identifikationselement wirft ein Rehbock einen Löwen-Schatten, als Leitmotiv der Gestaltung setzte sich die Idee des “Kulturgütertransports” durch, umgesetzt mit viel Packpapier und Humor. Verpackt wurden Menschen, Tiere, Gegenstände. Dahinter standen komplexere Überlegungen und das Bedürfnis selbstironisch ans Eingemachte zu gehen: Themen wie kulturelle Vorurteile und urdeutsche Mythen sollten sensibel auf die Reise geschickt werden. Die entsprechenden Fotoshootings gehörten allerdings zu den amüsantesten Momenten des Semesters.

“Crossing Borders – von See zu See” ist das Motto der Zusammenarbeit zwischen den Theaterleuten von Bodensee und Malawisee. Begegnen will man sich auf Augenhöhe, ohne die typisch europäische Attitüde der Großzügigkeit. Dennoch wird man in Malawi besonders dankbar für eine Idee der Studenten sein: Wer in Konstanz ein Exemplar des zweisprachigen Programmhefts zu “Nkhata Bay – Inventing Parzival” kauft, kauft mit dem Preis gleich ein zweites Exemplar mit, das im Juli die Reise übers Mittelmeer antritt. Dann nämlich wird in Malawi gespielt.


Die Generalprobe am Samstag sei super gewesen, berichtet Andrea Koschwitz, die Dramaturgin. Die öffentliche Probe tags davor indessen etwas schwierig. Milan Peschel, der Regisseur, habe im Parkett gesessen und immer wieder auf die Bühne hochgerufen, und das vor Publikum! „Schneller, lauter, konkreter!“ Dieses Rätsel einer deutschen Regieanweisung wird im Krakauer Stary Teatr sicher auf Jahre hinaus zum geflügelten Wort. Und zum Beginn von etwas Neuem? Dazu gleich mehr.
Noch ist es der Nachmittag vor der Premiere von „Sein oder Nichtsein“, von „Byċ albo nie byċ“ in Krakau, noch wird mit Andrea Koschwitz über den Marktplatz geschlendert, den Rynek Głowny, den Hauptmarkt, in strahlendem Sonnenschein, auf der Suche nach einem geeigneten Kaffeehaus. Da, Auftritt von rechts, kommen zufällig auch der Regisseur und die Bühnenbildnerin ins Bild, Milan Peschel und seine Frau Magdalena Musiał, auf dem Weg ins Theater vermutlich, Peschel sieht zerknittert aus und murmelt etwas von zuviel Brandy am Vorabend, Magdalena Musiał lacht freundlich. Die deutsch-polnische Kooperation ist bei diesem Leitungsteam schon lange Familie geworden, hier in Krakau aber zum ersten Mal auch gemeinsam künstlerisch produktiv.

"Sein oder Nichtsein" von Nick Whitby nach Ernst Lubitsch, Regie: Milan Peschel, Bühne: Magdalena Musiał. Błażej Peszek als Grünberg.

Welch ein Luxus: Fast vier Tage lang waren mehr als die Hälfte der Mitarbeiter des Jungen Ensembles Stuttgart im März gemeinsam in Bologna zu Besuch beim Partnertheater La Baracca – um die Mitarbeiter kennen zu lernen, sie in Vorstellungen auf der Bühne zu erleben, in gemeinsamen Workshops miteinander zu spielen und zu improvisieren, über die kommenden Projekte zu brainstormen und nicht zuletzt um bei birra, vino rosso und vino bianco über die unterschiedlichen Theaterstrukturen und –philosophien zu sprechen.
Wahrlich erlebnis- und erkenntnisreiche Tage: Auffällig waren beispielsweise der sehr liebevolle einladende Umgang der Schauspieler mit ihrem Publikum inklusive Begrüßung, Zeitüberbrückung, weil eine Klasse zu spät kam, und Nachgespräch – ganz im Gegensatz zum ebenso auffälligen strengen Regiment der meisten Lehrerinnen im Zuschauerraum. Auffällig auch: Wer bei La Baracca arbeitet, ist dort aus Überzeugung und fühlt das als eine Art Berufung, um nicht zu sagen: eine Lebensaufgabe. Auch dies ein wohltuender Gegensatz zum deutschen Theaterbetrieb, in dem man bisweilen das Gefühl hat, dass vor allem Schauspieler, aber auch Leitungsteams immer auf der Durchreise und in Gedanken schon beim nächsten Engagement sind.
Die meisten Mitarbeiter von La Baracca haben dort als Jugendliche in Spielclubs und Projekten angefangen und sind, learning by doing, zu Schauspielern gereift. In einem Land, in dem es nur zwei staatliche Schauspielschulen gibt, kein so ungewöhnlicher Weg. Ungewöhnlich ist schon eher, dass die meisten nicht nur schon lange bei La Baracca sind und dort bleiben wollen, sondern dass sie zudem fast alle mehrere Aufgaben haben: Schauspieler und Ausstattungsleiter, Schauspieler und Festival-Organisator etc.
Konsequenterweise haben deshalb bei dem Workshop auch auf JES-Seite alle mitgemacht: Schauspieler, Theaterpädagogen, Intendantin, Dramaturg und – zur allgemeinen Freude den Verwaltungsleiter.
Die im Rahmen des internationalen Partnerschaftsprojekts “Druschba” entstandene deutsch-russische Produktion “Romeo und Julia” wird im karelischen Nationaltheater Petrozavodsk in einem letzten Aufführungsblock zu sehen sein. Am 19. April macht sich das LTT-Ensemble auf den
Weg nach Russland, um dort gemeinsam mit den russischen Kollegen am 22., 23. und 24. April die drei letzten Vorstellungen der Inszenierung von LTT-Hausregisseur Ralf Siebelt zu spielen.
Auch wenn die Inszenierung zweisprachig angelegt ist, musste für die Gastspielreise nach Russland einiges umgeschrieben werden. So wird beispielsweise der Erzähltext, der im LTT die russischlastigen Szenen auf deutsch kommentierte, nun umgekehrt auf russisch die deutschen Szenen unterlegen. Doch nachdem bereits ein Feueralarm vor der Premiere im LTT, Einreiseprobleme der russischen Schauspieler und der Ausfall des erkrankten Capulet-Darstellers (Ralf Siebelt sprang kurzerhand ein) erfolgreich gemeistert wurde, hat auch dies für das inzwischen zusammengewachsene internationale Team keine Schwierigkeit dargestellt.
Wer sich selbst von diesem Einfallsreichtum überzeugen will, “Romeo und Julia” im LTT verpasst hat, oder einfach einen Grund sucht einmal nach Russland zu reisen, ist herzlich eingeladen den Abschluss des „Druschba“-Projektes gemeinsam mit dem LTT-Ensemble zu erleben.
www.landestheater-tuebingen.de

zugfahren
texte und fotos von dagmara lutoslawska
07:24 krakow

wir steigen wieder in einen zug. es regnet nicht mehr. dafür gibt es schöne orte zum gucken.
die bahnhofshalle, ein kiosk im warteraum. eine bar. und ein saal ist zu vermieten.

am urbanen das einsame

für den berlingewohnten blick ist polen ziemlich genau ab der grenze eine bühne. der warteraum in chabowka war von anna viebrock gemacht und wohl genau deswegen war er mit einem vorhängeschloss gesichert. ist wie durch einen film zu fahren.
09:07 katowice

auf der suche nach einem roten faden, der keine geschichte ist, bietet sich der kiosk an. auf jedem haltebahnhof gibt es einen kiosk. manch einer steht leer. das sind süße kleine theater. orte der präsentation und des handel(n)s. man könnte einen „polnischen kiosk“ am hauptbahnhof in berlin aufbauen.
(09:02) kopalnia myslowice


