Ne Ubindiga
Das heißt soviel wie Guten Tag auf Moore. Eine der hiesigen Sprachen.
Nach dem Treffen aller am Zito Theater ging es wieder auf Mopeds und mit Autos in unsere Außenstation vor die Tore von Ouagadougou.
Wie auch in Würzburg beginnt der Tag mit einem Training. Auch diesmal wieder Yoga. Auch diesmal wieder weit über einer Stunde. Wellnessurlaub sieht anders aus.

Nach einem kurzen zweiten Frühstück mit Kaffee, Baguette und Schmierkäse wechselt die Truppe ins Übungsgebäude. Da wir versuchen möglichst spontan Eindrücke einzusammeln, bitten wir um Nachsicht, wenn die Bilder gerade hier in der Qualität nicht immer optimal sind. Das Trainig hier ist auch wieder sehr körperlich und anstrengend. Wenn diese Einheit beendet ist, ist es 14.20 Uhr. Das heißt, Yoga begann um 10 Uhr, und abgesehen von der kurzen Pause endet das Vormittagsprogramm jetzt.

In durchgehenden Schritten wurden bis dahin auch 3 Lieder einstudiert. Dies aber immer in Bewegung. Unter anderem auch mehrstimmig “Kein schöner Land”.

Die Mittagspause findet dann etwas hinter der Mittagshitze statt. Wir befinden uns, wie bei uns auch, in der kältesten Jahreszeit. Also mittlere Tageshöchstemperatur 30 Grad.

Wo unereins ein T-Shirt trägt, sieht man gelegentlich auch Einheimische mit Jacken und Mänteln. Aber die meisten dann doch eher leicht bekleidet.

Nach der Mittagspause wird zunächst weiter gesungen. Dann folgen Improvisationsübungen. Bewußt werden die Ensembles hier mal gemischt oder auch nicht. Die zum Teil unterschiedliche Art, ein szenisches Problem zu lösen, ist dabei sehr spannend.

Wir werden ständig auch professionell für eine geplante Fernsehdokumentation gefilmt. Nachdem die szenischen Proben beendet sind, wird noch einmal ca 1 ½ Stunden intensiv diskutiert. Da es wie bei uns auch im Winter früher dunkel wird (hier ca 18 Uhr), wird um 18.30 Uhr die Diskussion beendet, da es auf dem Gelände keinen Strom gibt.

Dann bleibt nur übrig, für heute au revoir zu sagen. (Dies ist bekanntermaßen Französisch und auch eine der hiesigen Landessprachen)

27.12.

Tag der Vorbereitung. Morgen sollen Sie kommen. Endlich. Den heutigen Tag wollen wir nutzen, alles nochmal genau vorzubereiten. Ich treffe mich mit Petra und im Weiteren mit Paul Zoungrana. Schnell wird klar, worin die Herausforderung besteht. Wie sollen wir unter so unkonventionellen Umstaenden ein konventionelles Stueck machen? Wir sind uns nicht einig. Im Moment interessieren mich nicht Figuren und Szenen. Ich moechte eine moeglichst offene Situation, ich will sehen, wohin die Gruppe, so denn eine entsteht, will.

Wir vertagen.

Mittags treffen Birgit und ich uns mit Martine Zomé unsere Kostuembildnerin. Wir besuchen ihr Atelier. Ich bin sehr beeindruckt, sowohl von ihren Entwuerfen, als auch von ihrer Tuechtigkeit. Sie hat einen Laden aufgebaut mit 10 Angestellten, sie arbeitet auf der ganzen Welt und ist erfolgreich Mutter und Ehefrau. Ihr Mann ein sehr bekannter Theater und Filmschauspieler unterstuetzt sie nach Kraeften. Ich bin froh, dass wir sie engagiert haben. Auch sie war ein Vorschlag des CITO.

Wir fahren jetzt dahin, zu unserem Kooperationstheater. Wir finden auf dem Moped alleine den Weg. Das macht uns zu Recht stolz. Dort treffen wir um 17.00 die Darsteller, die fuer die dritte Phase ausgesucht sind, um ihnen den Ablauf der kommenden Tage vorzustellen. Die Stimmung ist gut. Petra trifft ein wenig verspaetet ein, sie hat ein Interview mit dem frisch verheirateten Paar aus BOBO gemacht. Siggi und Angelika haben mitgefilmt.

Die Darsteller finden die Idee gut, jemanden auf dem Moped mitzunehmen, raus aus der Stadt. Patrizia, eine ungeheuer propper aussehende, junge Darstellerin meint nur, sie wise nicht, ob ihr Moped das durchhaelt, da es noch nie ausserhalb der Stadt war….

Die Bezahlungsmodalitaeten werden geklaert. Jeder Darsteller bekommt 16.000 CFA, das entspricht 25 Euro. Ohne diese Aufwandentschaedigung koennten die wenigsten teilnehmen, da der Liter Sprit ca. 1 Euro kostet, was so vie ist wie eine Tagesgage.

Ich bin sehr gespannt auf die kommenden Tage.
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26.12.

Wir wollen den Markt filmen, frueh, wenn noch nicht so viel los ist. Um 8 Uhr wandern wir dahin, Stativ, Kamera. Das Licht ist schoen, der Markt in vollem Gange, aber sehr ruhig. Siggi ist ganz begeistert, er habe noch nie einen so unaufgeregten Markt erlebt, normalerweise ist filmen dort unmoeglich. Ich rede mit Haendlern, werde dabei gefilmt und komme mir wichtig vor. Interessant, was eine Kamera so ausmacht. Wir ziehen an Ramsch, Lammhaxen, Lammkoepfen, Lamminnereien vorbei, kein Schwein, das darf auf dem Markt nicht verkauft werden – zu unhygienisch. Gewuerze, Gemuese, Seife – alles wild durcheinander. Kontil erklaert, dass Haendler nie vor Mittag streiten, das bringe Unglueck. Wie grossartig, vielleicht koennten wir so die Welt aendern. Einfach den Streit auf eine bestimmte Stunde legen und dann gibt’s Hitzefrei oder Kaelteferien und zack raus aus Afghanistan.

Mit dem TCV, der burkinischen Busantwort auf den ueberaus zuverlaessigen Hochgeschwindikkeitszug Frankreichs, gehts zurueck nach Ouaga. Die Landschaften schwimmen vorbei. Das Land unberuehrt ohne Staub und Muell, der einem das Leben in der Stadt so schwer macht. Was ist denn Armut? Wie arm muss man sein, um die Unberuehrtheit der Natur einzutauschen gegen den laermenden Muell der Stadt. Birgit wird erzaehlen, dass eine hochintelligente Schauspielerin, Mutter von 2 Kindern, nicht teilnehmen kann am Workshop, weil sie so arm ist, dass sie nicht darauf verzichten kann, durch die Strassen zu ziehen und Lotterielose zu verkaufen. Sie lebt in Verhaeltnissen, die so sind, dass weder Petra noch Birgit bereit waeren, dort zu uebernachten. Und beide sind nicht zimperlich.

Afrika – was ist das? Machen wir es richtig mit unserem Projekt, was sind unsere Kriterien?

Auf jedem Schild steht Solidaritaet, Einheit, Fortschritt.

Ich doese weg, Bilder tauchen auf. Kinder, die lachen, wenn sie mich tanzen sehen, Schneeberge und Mosquitos. Der laermende Fernseher nervt, eine burkinische Comedie. Jetzt wurde diese Pest auch noch exportiert, mir scheint es ebenso unlustig, wie zu Hause. Mensch Markus, oder wie der ganz sexistische Scheisskram heisst, der uns den Kopf vernebelt, so dass wir zwischen Macbookkauf und IPad Hysterie nicht zum Nachdenken kommen. Wieder die Werbung fuer kalorienarmes Wuerzmittel; Ouaga hat uns wieder. Abends wollen wir Haehnchen bei Boulougou. Es gibt keinen Salat, kein Brot, es ist Feiertag, keiner hat Lust zu arbeiten, ich schnauze den Wirt an, wir bekommen , was wir wollen. Verdammt, das haette ich im Buergerspital auch gemacht, wo der reiche Oesterreicher sich nicht zu schade ist, 50 Cent fuer eine Scheibe Brot zu verlangen, selbst wenn man grade fuer 100 Euro gesoffen hat. Heim ins Bett!

25.12
Leise rieselt der Staub. Schon beim Aufwachen habe ich sofort den Geruch des Staubes in der Nase, das ist wirklich anstrengend. Kontil sagt, dass es viele Lungenprobleme gibt und Bronchitis vor allem in den Monaten Dezember und Januar, wenn der Harmathan blaest. Ich bin  müde, schaffe kein Yoga, kein Sitzen. Ich stehe auf und wundere mich, dass um 9.00 noch alles still ist. Ich trinke einen Kaffee, das heisst, ich schütte ein Paeckchen Nescafé in einigermaßen heisses Wasser. Langsam werde ich unruhig und gehe los. Weiss nicht genau wohin, Internetcafe oder Hosen kaufen, Hemden. Hier findet man ueberall Second Hand Klamotten für kein Geld, gute Hemden für 2 €. Ich schlendere, naja für bukinische Verhältnisse rase ich an den fliegenden Händlern vorbei, gute Auswahl, aber ich kaufe eh nichts, wie zu Hause auch.

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24.12.

Ich habe nicht so gut geschlafen, stehe aber diszipliniert auf, mache die wichtigen Übungen und treffe Siggi zum Kaffee. Es macht grossen Spass mit ihm zu reden; ein sensibler, kluger Mann, bei dem man versteht, warum das so scheue Volk von Guinea Bissao ihn akzeptiert hat, ihre Abgeschiedenheit zu filmen. Mit Angelika bildet er ein sehr gutes Team, die beiden ergaenzen sich und harmonieren sehr schoen. Wir reden ueber seine Arbeit, auch ueber die Zeit in Aethiopien und die tiefen Erfahrungen, die er dort gemacht hat. Diese ganze Diskussion ueber postkoloniales Theater, die ich zu Hause führe, scheint merkwuerdig theoretisch. Nach allem, was ich ueber dieses Leben begreife, ist jeder Versuch Systeme zu entdecken und zu beschreiben ein Versuch die Tatsache zu verdrängen, dass es dieses System letztlich nicht gibt. Es sind mehr oder weniger gelungene Annaeherungen an eine nicht fassbare, ja, nicht existente Wirklichkeit, ein verzweifelter Versuch der Unfassbarkeit des Lebens eine Ordnung aufzuzwingen. Der politische Kampf ist das eine, das Verwechseln mit Wahrheit das andere. Jeder hat ein Leben, das einen nicht systematisierbaren Verlauf nimmt. Alles andere sind Gedankenspiele. Wenn sie helfen diese Welt besser zu machen gut, wenn nicht, schmeiss sie ohne Bedenken in den Mülleimer, denn wenn man auf ihnen besteht, schafft man unendliches Leid.


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