Im August 2010 war Regisseur Bernhard Mikeska mit Dramaturgin Hannah Schwegler, Bühnenbildnerin Dorothee Curio und Autor Lothar Kittstein in Sibiu. Lothar Kittstein schrieb den folgenden Text:

Johann, der nur mit Badehose bekleidet, im kanalisierten Dorfbach steht und eimerweise Wasser auf die staubige Dorfstraße vor seinem Haus schüttet.

Hans, der im Wohnwagen am Fuß des Burgbergs haust, fünf Katzen, Meerschweinchen, einen Hund, Ziegen und eine Kuh sein eigen nennt und trotz kaputter Hüfte täglich quer durchs Dorf auf einen Berg zu seinem Feld geht.

Brennend-saurer Wein aus Plastikflaschen.

Die alte Frau Teutsch, ihre Augen groß hinter den dicken Brillengläsern, als ob sie ständig darüber staunte, noch hier zu sein – Jahrzehnte nach ihrer Deportation ins russische Kohlebergwerk. Ihre knotigen, verkrümmten Hände, mit denen sie in ihrer niedrigen Küche Birnen schält.

Die Dörfer, wehrhaft gegen die eigenen Hauptstraßen abgeschottet, die Häuser dicht an dicht, aneinandergedrängt, kein Vorgarten, kein Bürgersteig. Schweigende Fassaden in der Mittagshitze.
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Und dauert der Rückflug auch keinen Vormittag. / das ist auch nach dieser Rückkehr das Unwiderrufliche: / du (der da in der Fremde geklaut hat, was zu klauen war, / (aber sind die Geschichten, / die dir in der Fremde von Fremden erzählt werden,/ deren Sinn sich dir VOR ORT erst wirklich erschließt) / nicht die wertvollsten Beutestücke, / mit denen man nach Hause zurückkehren kann,) /wirst nun nie wieder wie noch vor einer Woche zu Hause in deinen vier Wänden auf Wanderschaft gehen, / denn jetzt drängen sich in die Geschichten,/ die du (in deinem Kopf)erlebst, /(geht es nun wieder vom Schreibtisch zum Fenster und dann vom Fenster zum Sofa usw.) / Geschichten, von denen du bis Dienstag letzter Woche keine Ahnung hattest, / und die dir dein zu Hause manchmal fremder machen, / als dir lieb ist…

Lothar Trolle

Der Autor Lothar Trolle war vom 29.Januar – 3. Februar 2010 in Sibiu. Aus den Reiseeindrücken entstand das Stück “Der Engel von Sibiu”, das er kürzlich fertigstellte und das am 23.2. 2011 in der Regie von Peter Carp am Radu Stanca Theater in Sibiu Premiere haben wird.
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Today Cabinet, the co-production of Theater Freiburg and garajistanbul, will premiere in Istanbul. What happens when Helmut Kohl, Jan Ulrich or Marlene Dietrich meet turkish celebreties and icons of the public life? Get an impression of the play in our trailer which was shot during its premiere in Freiburg:

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Über zwei interkulturelle Theaterproduktionen zwischen Freiburg und Istanbul

von Viola Hasselberg, Dramaturgin

Zuerst klingt es immer nach einer Ver­heißung: internationale Projekte, die Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur – Neugier, Exotik und auch ein bisschen Lampenfieber, wie vor einer großen Reise. Es gibt wenige Vorbilder und solche Produktionsformen gehör­ten bisher nicht zum Kerngeschäft ei­nes Stadttheaters. Das Theater Freiburg hat zwei solcher Produktionen, ausge­rechnet mit der Türkei und mit Israel, für die nächste Spielzeit begonnen, als Ausgangspunkt einer Auseinanderset­zung, die grundsätzlicher und länger­fristiger ist: In welchen Kulturen leben wir bzw. mit welchen gestalten wir eine gemeinsame Gesellschaft, die längst nicht mehr einer „Leitkultur“ unterliegt? Und was hat das für Auswirkungen auf das Stadttheater? Seit Oktober 2009 befindet sich unser Theater in einer Pha­se der intensiven Auseinandersetzung mit der Türkei, stellvertretend geht es hier um Okzident und Orient, um den Islam und den Westen, (aber da geht das Problem mit den Definitionen und Zuschreibungen schon los). „Nathan schweigt“, die Durchleuchtung und Demontage eines deutschen Klassikers durch ein türkisches Regieteam, hatte im Mai 2010 Premiere. „Cabinet“, eine Kopro­duktion des Theater Freiburg mit dem unabhängigen Spielort garajistanbul, in der 15 Künstler aus beiden Ländern über das deutsch-türkische Verhältnis for­schen, befindet sich nach einem Jahr der Recherche von Türken in Freiburg und Deutschen in Istanbul kurz vor der Premiere am 29.10.10 in Freiburg.


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Was für eine Woche! Seit dem 29. Oktober ist unser türkisch-deutsches Festival im Gange – im Mittelpunkt steht die vom Fonds Wanderlust geförderte Produktion Cabinet – ein türkisch-deutscher Theaterbasar in Kooperation mit dem freien Istanbuler Theater garajistanbul.

Cabinet ist ein Stück, in dem 15 Künstler aus beiden Ländern über das deutsch-türkische Verhältnis forschen. Das Material dieses türkisch-deutschen Theaterabends entstand aus Recherchen der Beteiligten: Die Deutschen erkundeten die türkische Realität in Istanbul, die Türken erforschten die deutsche Realität in Freiburg. Abenteuerliche Begegnungen und Missverständnisse wurden über ein Jahr protokolliert und kulminieren in einer gemeinsamen Stückentwicklung. Wie blicken die jeweils anderen auf die eigene kulturelle Identität, wie werden die eigenen Ikonen umdefiniert? Wie ändert sich der Blick auf das Eigene? Zwanzig Figuren aus dem Fundus der kulturellen Identitäten beider Länder – von Helmut Kohl bis Bülent Ersoy – treffen an diesem Abend aufeinander. Das Theater Freiburg kooperiert in diesem Projekt mit der garajistanbul, dem ersten politisch unabhängigen und renommiertesten interdisziplinären Spielort der Türkei, gegründet 2007 vom dem Künstlerpaar Mustafa und Övül Avkiran.

Eine zentrale thematische Diskussion stand am 3. November auf dem Programm und setzte sich mit der politischen Realität auseinander setzt: “Deutschland – Türkei, eine Zukunftsbeziehung?” Mit dabei waren Kai Strittmatter, Türkei-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, Seyran Ateş, Anwältin und Frauenrechtlerin, der freie Journalist Eren Güvercin sowie Serap Celen.
Um aktiv die jeweils andere Kultur im Alltag abseits der Politik kennen zu lernen, finden im Rahmen des Festivals außerdem Akademien statt, in denen über türkische und deutsche Stereotypen debattiert und so manches Klischee humorvoll näher betrachtet wird. Stichwort Gartenzwerge…

Percussionist Murat Coskun, Sängerin Bernadette La Hengst und die türkische DJane Ipek bereichern das Festival mit Konzerten. Außerdem zu Gast: die tanzenden Derwische aus Istanbul.
Zweisprachige Lesungen von Murat Uyurkulak, der aus seinem Werk “Zorn” las, und Bestsellerautorin Ayse Kulin, die ihr Buch “Der schmale Pfad” vorstellte, liessen die Zuhörer zwischen der deutschen und türkischen literarischen Welt wandeln.
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