Wir fliegen nach China und spielen dort Theater mit chinesischen Kollegen des Huajuyuan Theaters in Qingdao! Klar war Folgendes: Wir würden in deutscher, die Kollegen in chinesischer Sprache spielen.

Wie nähert man sich so einem zweisprachigen Projekt eigentlich an?

Wir probten Szenen unseres gemeinsamen Stückes “Das weiße Zimmer”, begannen mit “Kinderspielen” um das Eis zu brechen und die Namen zu lernen, begannen immer mit einem 45-minütigem Aufwärmtraining. Das chinesische Theater wirkt fremd, visueller, akrobatischer; unsere chinesischen Kollegen sind sehr körperlich. Und fit! Insgesamt ist mehr Bewegung in den Stücken, Gefühle werden groß gezeigt.

Auf Knopfdruck können sie alles spielen; sehr schön zu sehen beim Scharade spielen! Baum, Donner und Blitz oder ein Krebs werden blitzschnell mit dem ganzen Körper umgesetzt.

Gleich am ersten Probentag gingen wir mit Chen Yuan, einer unserer neuen Kolleginnen, in die Markthalle gegenüber dem Theater um “Preis verhandeln” zu lernen. Das ist wie ein Volkssport in den vielen kleinen Souvenirläden und wird von den Verkäufern auch von einem erwartet. Macht großen Spaß!

Auch das Publikum verhält sich anders.

Die chinesischen Zuschauer sind sehr lebendig, unterhalten sich oder telefonieren auch mal während der Vorstellung. Daran muss man sich als deutscher Schauspieler vielleicht erstmal gewöhnen. Es ist aber keine Respektlosigkeit, es ist einfach ein anderes Theater schauen. Und zeigt die Lebendigkeit der Chinesen.

Eine der vielen großartigen Momente unserer ersten Begegnung waren die Professionalität, Herzlichkeit, Höflichkeit, Temperament, Humor und Lebendigkeit unserer Kollegen in Qingdao. Wunderbar auch die Musikalität und das gemeinsame Einüben von deutschen Volksliedern. Am letzten Probentag tanzte ein werter chinesischer Kollege wunderbar zu deutschem Hip Hop à la “Peter Fox”. Wenn das keine vielversprechende Geste der Völkerverständigung ist.

Carolin Karnuth

Die Regisseurin Maya Fanke gab uns das Lied “Es waren zwei Königskinder die hatten einander so lieb” zum Lernen, weil es sehr dem Inhalt unseres Stückes entspricht. Es war faszinierend zu beobachten, wie sich der Theatermusiker gleich ans Piano begab und nach wenigen Minuten eine Begleitung zustande brachte. Mit Hilfe der Übersetzerin machten sich die chinesischen Schauspieler an die Aufgabe, die für sie ungewohnten deutschen Sätze zu lernen, was sowohl spaßig als auch erstaunlich war, da sie ziemlich fix eine wohlklingende Fassung erarbeiteten. Parallel dazu entwarfen sie eine chinesische Fassung, die inhaltlich stimmte und auf die Melodie passte. Dann Erstaunen bei uns Deutschen, weil wir der festen Meinung waren, die richtige chinesische Artikulation einigermaßen zu treffen, doch die Chinesen uns erklärten, dass unsere Fehlinterpretation der unzähligen “s”, “sch”, “ch”, “sh”, Nuancen, aus dem poetischen Liebesvers eine unflätige Ballade werden ließ, die wahrscheinlich besser zum Räuber Hotzenplotz passen würde. Zur Feier des erarbeiteten “Zwischenstandes” gab es dann eine “zweisprachige Torte.”

Rafael Meltzer

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