Hotel Oasis

Kontil und ich fahren um 5 Uhr morgens mit dem Bus nach Dori. Ich bin ein bisschen sauer, als ich höre, dass das Programm auf afrikanische Art abläuft: er hat weder das Hotel reserviert noch die Organisationen, mit denen ich ins Gespräch kommen will, über unser Kommen informiert. Wir gehen einfach hin. Und im schlimmsten Fall findet der Gesprächstermin einen Tag später statt. Nur auf mein wiederholtes Nachfragen versucht er, das Oasis telefonisch zu erreichen, was aber unmöglich ist. Niemand geht ans Telefon. Meine unterschwelligen Sorgen gehen in einem allgemeinen Gefühl afrikanischer Gleichgültigkeit auf: es wird schon irgendwie werden. Und tatsächlich. Nach vierstündiger Fahrt durch Burkina Faso in Dori angekommen, suchen wir uns mit Hilfe von Passanten und (das wage ich aber nur heimlich) dem Stadtplan aus dem Lonely-Planet-Reiseführer den Weg zum Hotel Oasis, dem besten Hotel am Platz. Immerhin gibt es Klimaanlage und ein eigenes Badezimmer – wenn denn der Strom denn funktioniert und es Wasser gibt. Erst abends werden wir von beidem profitieren können.

Fraueninitiative

Am Nachmittag ziehen wir dann los. Auf der Straße haben wir bereits etliche Schilder gemeinnütziger Organisationen gesehen. Viele haben hier, am Beginn der Sahelzone, ihren Sitz. Zunächst aber treffen wir eine Frau, die sich für die Frauenförderung vor Ort einsetzt. Sie lebt in einem für die Peul, den hier ansässigen Volksstamm, typischen Haus mit Familie und Tieren zusammen. Die Bauten, das merkt man schnell, sind dem heißen Klima angepasst und bieten Schutz vor der Hitze. Selbst im Inneren ist es erstaunlich kühl. Die Frau zeigt uns Arbeiten der Frauen: Schürzen, Servietten, Tischtücher, Kinderlätzchen. Alle aus Baumwolle und von den Frauen mit bunten Motiven, Kamelen, Fischen, Affen bestickt. Die Frau erzählt uns, dass es anfangs ein Kampf war, diese Initiative aus dem Boden zu stampfen. Entstanden ist sie bereits vor 20 Jahren, als sie selbst sich zur Ruhe setzte und es für keinen erstrebenswerten Zustand hielt, dass die Männer immer unterwegs seien, und die Frauen, außer ihren Kindern, nichts zu tun hätten. Also beschlossen sie, zu nähen und zu sticken. Die Bewegung hatte Erfolg, mehr als 15 Frauen sind heute Mitglied und sie selbst war sogar bereits auf einer Messe in Frankreich, um ihr Projekt und ihre Erzeugnisse vorzustellen. Immer wieder, erzählt sie, kämen auch Touristen vorbei und würden ihre Produkte kaufen. Das sei gut, schließlich könne sie in ihrem Alter das Haus nicht mehr verlassen.

Umweltorganisationen

Bei den Organisationen ist es nicht leicht, einen Termin zu bekommen. „Eau vive“, deren Anlagen wir bereits auf der Anfahrt auf Dori vom Bus aus sehen konnten, will sich per Telefon melden. Die Sekretärin trägt etwas gelangweilt und umständlich unser Anliegen in einen ansonsten komplett neuen Kalender ein. Hin und wieder blickt sie fragend in Richtung einer Tür, hinter der sich vermutlich der Rest des Unternehmens befindet, aber da sich die Tür nicht öffnet, sagt sie nichts und vertröstet uns auf den nächsten Tag. Schließlich spazieren wir munter in das hiesige Büro des Umweltministeriums, das geleitet wird von Mr. Kalifa Traore, einer faszinierenden Persönlichkeit. Er empfängt uns freundlich und erzählt von der Situation vor Ort. Dabei raucht er Zigaretten der Marke President und verhält sich auch so. Er sieht das Hauptproblem darin, dass die Menschen vor Ort umdenken müssten. Dass man die Bäume wachsen lassen müsse, anstatt sie den Tieren als Futter zuzustecken, kaum dass sie den Kopf aus dem Boden stecken. Mr. Traoré verwandelt sich während seiner Erzählung selbst in einen Baum, der den Kopf aus dem Boden steckt und wird dann von der Ziege gefressen. Er ist aber auch die Ziege, die nichts zu fressen hat, und die Familie, die dann in die Stadt abwandern muss. Seine Erzählung ist gespickt mit rhetorischen Frage, die er gewandt und spielerisch auch selbst beantwortet. Zum Abschied lädt er uns in das benachbarte Maquis, wie man Bars hier nennt, auf ein Getränk ein. Er ist leutselig und von unserer Arbeit begeistert. Aber noch während wir so reden, kommen die nächsten unvorhersehbaren Anfragen ein und Mr. Traoré eilt wieder in sein Büro, um den Kampf gegen das ensablement, die Versandung der Sahelzone, wieder aufzunehmen.

Tags: , , , ,

0 Comments

leave a comment

You must be logged in to post a comment.