Treffen mit Andrea Koschwitz, der Chefdramaturgin des Berliner Maxim Gorki Theaters in ihrem Büro an der Dorotheenstraße. Es ist Montag, 15 Uhr, der Tag nach dem ersten (Wochenend-)Treffen mit den polnischen Kollegen. Sie beginnt auch ohne Frage, sobald das Band angestellt ist, sofort vom Projekt zu erzählen.

Foto: Thomas Aurin

Andrea Koschwitz:
Was wir 529 km mit Zukunft genannt haben, ist ja ein dreiteiliges Projekt. Da waren zunächst die Gastspiele, die sowohl von den Stoffen als auch von den Spielweisen her sehr interessant waren: Die Krakauer brachten mit dem “Brotladen” Brecht zurück nach Berlin, und dann gab es noch eine Inszenierung von “Warten auf den Türken” von Andrzej Stasiuk. Wir hingegen fuhren mit Fritz Katers “heaven (zu tristan)” hin und zeigten auch “Amphitryon” von Kleist, was sich die Krakauer sehr gewünscht haben.

Beim zweiten Teil, dem Inszenierungsprojekt, war der Prozess schon etwas schwieriger. Das Maxim Gorki Theater und das Stary Teatr sind beides Theater, die intensiv am Repertoire arbeiten, wobei die Krakauer ihre Produktionen in Blöcken zeigen, während bei uns jeden Abend etwas anderes auf dem Spielplan steht. Eine gemeinsame Inszenierung zu machen, mit Schauspielern aus dem eigenen und dem Partnertheater, wie es viele aus dem Wanderlust Fonds geförderten Theater machen, kam für uns also nicht in Frage. Denn in beiden Häusern war klar, dass aus der gemeinsamen Arbeit ein Stück entstehen sollte, das jeweils ins Repertoire geht. Und zwar ein Stück für die große Bühne, kein Werkstattstück.
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ZUGPROJEKT (Maxim Gorki Theater Berlin und Stary Teatr Krakow)

Kurzer Reisebericht der Recherchereise Krakau-Berlin aus dem letzten Sommer

von Dagmara Lutoslawska

tag 1 /nach Krakau

Ankunft am Flughafen Krakow. Es regnet. Wir warten auf den Zug in die Innenstadt, der gerade weg ist und erst in 30 Minuten wieder kommen soll. Ein Typ mit einem Kleinbus schleppt uns ab. Adam bringt uns zum Stary Teatr und er will, dass wir ihn wieder anrufen, damit er uns Auschwitz zeigen kann. Es regnet weiter.

tag 2 /Eisenbahnmuseum in Chabowka

Es regnet. Keiner von uns findet es mehr lustig. Wir sind um 7:30h ab Krakow Glowny mit dem Zug Richtung Zakopane gefahren. Renata Kopyto, Michal Olszewski, Magda Musial, Maja Thiesen, Katrin Müller und ich. Um in Chabowka Zugwagen anzuschauen, die man an den Krakau-Berlin Zug hängen könnte.

Und dann ein wundervolles Picknick auf dem Bahnhof von Chabowka abzuhalten.

Der im ersten Stock des historischen Bahnhofsgebäudes  gelegene Wartesaal wird leider gerade restauriert. Genau das richtige für einen kleinen Tagesausflug in die polnische Provinz. Achtung: die Züge fahren nur dreimal täglich und es gibt keine Gastwirtschaft. Das ist Zugfahren der alten Schule. Man sieht aus dem Fenster, die Dinge sind nah. Der Zug fährt etwa 70 km/h.

//FORTSETZUNG FOLGT

Die letzten drei Wochen gehörten in Berlin eindeutig dem polnischen Theater. Beim bereits dritten Polski Express im HAU gastierten u.a. Handkes “Kaspar” von Barbara Wysocka, “Das gelobte Land” von Jan Klata und “Apol(l)onia” von Krzysztof Warlikowski: ein junger Formversuch, eine politisch deutliche, ästhetisch eher plakative Stellungnahme zur Geschichte und eine intelligente, kraftvolle, aber auch etwas sentimentale Breitwandcollage zum Thema Opfer-Sein und Opfer-Bringen. Da hatte man innerhalb weniger Tage den Nachwuchs, das in Polen bereits etablierte politische Theater und den europäischen Festivalstar vor Augen.

In der Volksbühne war im Rahmen eines Spanien-Schwerpunkts letzten Sonntag dann das Madrider Teatro de la Abadía mit “Fin de Partida” zu sehen – Becketts “Endspiel” in einer psychologisch erlesenen, gewissermaßen goldgerahmten Inszenierung von Krystian Lupa, einem (wie sagt man es anders?) polnischen Altmeister, der sich auf Konrad Swinarski und Tadeusz Kantor bezieht. Und gestern wurde im Maxim Gorki Theater  “Czekajac na Turka” (“Warten auf den Türken”) von Andrzej Stasiuk gezeigt, eine Produktion des Stary Teatr Krakau, inszeniert vom Intendanten Mikolaj Grabowski (der als ein in den 40er Jahren Geborener zur Lupa-Generation gehört).

Jan Peszek als Ex-Grenzer auf dem Schlagbaum über schaumigem Boden. Foto: Kornecki


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