Der Klub der jungen Pioniere okkupierte in den Osterferien die Probebühne des Staatstheaters.

Hier konnten sie sich breit machen, den Spiel- und Bühnenbildideen richtig Platz geben. Dabei kam Ferienlagerstimmung auf.

In den Osterferien haben die Jugendlichen jeden Tag  gearbeitet: Flugversuche unternommen, das DLR besucht und Fluglotsen gespielt, Kostüme ausgewählt, Hörspiele, Klangcollagen, chorisches Sprechen und vieles mehr erprobt.

Alle freuen sich jetzt schon auf die Aufführungen, aber bis dahin wird noch fleißig gearbeitet.

Hier ein paar Impressionen der letzten zwei Wochen!

..bei der Arbeit

Seit zwei fast Jahren arbeiten wir nun schon zusammen.

Ausgangspunkt unserer Kooperation mit dem Theater Z/K/M/ aus Zagreb sind die Flugpioniere David Schwarz, ein jüdischer Holzhändler und Erfinder aus Zagreb, sowie Ferdinand Graf von Zeppelin, Flugpionier aus Deutschland und „Ahnherr“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig.

Nach Gastspielen und Workshops in Zagreb und Braunschweig, nach vielstündigen Besuchen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sowie nach Recherchen im Zeppelin Museum und im Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen, nach gemeinsamen Theaterbesuchen, Feiern und vielen vielen Gesprächen mit unserem kroatischen Partnertheater startet nun die mit Spannung erwartete heiße Phase.

Das deutsche Autorinnenteam Juli Zeh/Charlotte Roos hat seine Fassung des Auftragswerks vorgelegt, und ebenso fertig ist nun das Auftragswerk der kroatischen Autorin Ivana Sajko. Beide Stücke tragen englische Titel, ein Zufall, auf den beide Theater keinerlei Einfluss hatten. Nun laufen die Vorbereitungen für den Probenbeginn auf Hochtouren. »Landscape with the fall« von Ivana Sajko wird von der Braunschweiger Hausregisseurin Daniela Löffner inszeniert, »Yellow Line« von Juli Zeh/Charlotte Ross von dem kroatischen Regisseur Ivica Buljan.

Probenbeginn in Zagreb: 10.04. – Premiere: 10.06.

Probenbeginn in Braunschweig: 16.04. – Premiere: 01.06.

Beide Stücke mit kroatischen und deutschen Schauspielern werden im Rahmen des internationalen Festivals Theaterformen 2012 in Braunschweig uraufgeführt und danach in Zagreb gezeigt werden.

Einfach haben sie es sich am Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau nicht gemacht: Bei ihrem Wanderlust-Projekt soll nicht nur die hauseigene Tanzcompany eine gemeinsame Inszenierung mit einem Puppentheater entwickeln, nein, die Partnerwahl fiel auch noch auf ein Theater im schlesischen Teil Polens, so dass nun ein schlesisch-deutsches und ein schlesisch-polnisches Haus zusammenarbeiten. Die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg, die zum Teil unterschiedlichen Wahrnehmungen davon auf beiden Seiten, die Vertreibung und neue Grenzsetzung – das sind in Görlitz und auch in Polen nach wie vor Themen mit Sprengkraft. „Hier leben noch Menschen“, erzählt Philipp Bormann, Referent des Generalintendanten am Theater Görlitz, „die nicht an der Neiße spazieren gehen wollen, weil sie dann auf der anderen Seite das Haus sehen, in dem sie aufgewachsen sind.“

Allein die Konflikte um den „Bund der Vertriebenen“ und dessen Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ lassen schon erahnen, wie unglücklich verworren hier schmerzhafte Kriegserlebnisse, politische Entscheidungen – und leider auch revisionistisches, national geprägtes, volkstümelndes Denken sind.

Erst einmal zu letzterer Schwierigkeit: Wie geht man als Theater mit diesem Pulverfass um? Und, wichtiger noch, was kann man zur Verständigung beisteuern? Das Görlitzer Theater und das Zdrojowy Teatr Animacji in Jelenia Góra haben sich entschieden, die Probleme Probleme sein zu lassen und sich auf die Gemeinsamkeiten zu konzentrieren. Das mag im ersten Moment ausweichend klingen – so wie Philipp Bormann es erklärt, macht es für mich aber durchaus Sinn: „Man arbeitet sich in dieser Stadt sowieso immer am Thema Schlesien ab – wir wollen das jugendlicher, freundlicher, weniger problembeladen machen, wir möchten den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und aus der gemeinsamen Vergangenheit eine gemeinsame Zukunft machen.“ Die Jugendlichen, sagt Bormann, könnten das Thema bald nicht mehr hören, weil sie es oft nur mit Schwierigkeiten und Schwere verbänden, mit Aufklebern von Adlern auf gelb-weißem Grund einerseits (Symbol der Schlesischen Landsmannschaft) und mit Menschen, die den Trennungsdiskurs endlich beenden wollen, andererseits. Es klingt paradox, aber „Schlesien“, meint Bormann, „ist fast ein Tabubegriff“.

Das, was Görlitz und Jelenia Góra allerdings auf eine ganz unproblematische Weise verbindet, ist der gemeinsame Sagenschatz. Und deshalb, somit wären wir beim Thema, heißt das Projekt „Sagenhafte Spurensuche“. Schlesische Sagen? Da fällt mir nur Rübezahl ein, der launische Berggeist aus dem Riesengebirge.
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Wie übt man gemeinsam mit Tänzern und Puppenspielern? Und was, wenn die Tänzer dann auch noch aus Deutschland kommen und die Puppenspieler aus Polen? Tänzerin Steffi Sembdner leitet die Proben für das Projekt “Sagenhafte Spurensuche” zwischen dem Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz-Zittau und dem Zdrojowy Teatr Animacji in Jelenia Góra, beide Orte liegen in Schlesien. Im Audiointerview erzählt sie von den Herausforderungen bei der Stückentwicklung:

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Seit Ende November laufen die Proben in Turin zur italienischen Uraufführung des Fatzer-Fragments von Brecht. Es sind sehr intensive Tage – Tage, wo das sich-am-Text-Erproben über die Probezeit hinaus geht. Das lässt sich wahrscheinlich immer mehr oder weniger erfahren, wenn man an einer Inszenierung arbeitet, wie bei jeder kollektiven Arbeit, wo der Einsatz vieler Intelligenzen und Wahrnehmungsweisen tatsächlich erforderlich wird. Sinnvoller Zufall: Wir machen Theater in einer stillgelegten Fabrik. Nach einer Woche im Teatro Stabile im Turiner Zentrum, proben wir seit Anfang Dezember in der Fonderie-Limone in Moncalieri, in der südöstlichen industriellen Peripherie von Turin. Diese Außenstelle, die das Teatro Stabile aus einer ehemaligen, vor dem ersten Krieg stammenden Gießerei bekommen hat, ist mit ihren sanierten Fabrikanlagen, Hochöfen und Schlafkasernen unser Mülheim geworden: Das Loch, aus dem Fatzer aus dem ersten Weltkrieg, der unsere Zeiten eingeleitet hat, in die Gegenwart herauszukriechen versucht.
Die ersten Tage sind die der kollektiven Begegnung mit den Worten gewesen. Es war eher ein Zusammenstoß, ein Eisenbahnunglück, zu dem man sich verabredet hatte. Trotz seiner erarbeiteten Einfachheit ist es einer der schwierigsten Texte, wie die Schauspieler und Mitarbeiter gestehen müssen, mit denen sie sich jemals auseinandergesetzt haben. Natürlich kommt alles Wissen und Verstehen, das man beim ersten individuellen Lesen und Überlegen gesammelt zu haben schien, wie üblich durcheinander. Mit einem aber diesmal vielleicht merkwürdigen Gefühl: als gehe man durch das Trümmerfeld und die Wüste des eigenen lückenhaften Wissens und unterbrochenen Verstehens herum, nur der Text bleibt in seiner fragmentarischen Perfektion erhalten, bei jedem Rundgang, bei jeder Invasion weniger fremd aber gleich fern. Wir merken bald, es geht nicht so sehr darum, den Text zu „verstehen“, sondern darum die Orte unserer „Wirklichkeit“ zu finden, die der Text am meisten verklärt. Wo versteht uns Fatzer besser, als wir uns selbst verstehen. Wir haben den erschreckenden Eindruck, wie viel und wie fachkundig man heute wissen und verstehen müsste, um auf das Leck in den fachkundigen Darstellungen der „Wirklichkeit“ auch nur hinweisen zu können (selbst wenn es nur um Theater geht).
Eines Abends beim Autofahren von Turin nach unserem „Mülheim“ zurück, erzählt der Rundfunk von der Katastrophe in den genauesten, selbstreferenziellsten, technisch-ökonomischen Wörtern und über die globalisierte Protestbewegung in den begeisterndsten und selbstgenügsamsten Slogans. Wir sitzen von langen Proben und Versuchen ermüdet eng, hungrig und erkältet im Auto und haben keine Lust, keine Energie mehr, auch nur den Kanal zu wechseln. Nur Werner, einer unserer Fatzer-Masken, der in seinem deutsch-muttersprachlichen und überlegenden Ton sich fremd genug anhört, als ob er uns auch aus einer anderen Zeit redete, bemerkt leise vor sich hin: „tutti parlano a cazzo di tutto“. „Man schwatzt überall Scheiße über alles“.

(Milena Massalongo)

Milena Massalongo ist als Dramaturgin für das Teatro Stabile di Torino, dem Partnertheater der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, in der Inszenierung “Fatzer Fragment / Getting lost faster” (Regie: Fabrizio Arcuri) tätig. Das Projekt wird am 20. Januar 2012 in der Volksbühne erstaufgeführt. Von Milena Massalongo stammt außerdem die erste italienische Übersetzung von Brecht/Müller “Der Untergang des Egoisten Fatzer”.

www.volksbuehne-berlin.de

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