19.12.

Bin schon ein bisschen erschöpft, als Kontil und Ouelgo mich um 11.00 abholen. Wir fahren auf’s Dorf, ungefaehr 40 min ausserhalb von Ouaga. Herrlich durch die stille Stadt mit dem Moped zu brausen, keine Verkehrsregeln, jeder faehrt, wie er will,das vollstaendige Chaos, und es ist so einfach, kein rechts vor links oder so, man schaut und faehrt. Es gibt keinerlei Aggression, es macht Spass, jedenfalls mir, der ich damals mit 14 Jahren mit dem V8 Opel meines Vaters mit 200 ueber die B18 schoss. Entspannt im Dorf angekommen. wir hoeren die klaeglichen Schreie von Ziegen, die geschlachtet werden, Huehner unsd Schweine rennen herum und Kinder. Die Kinder gucken neugierig, der Rest ist fuer den Grill freigegeben. Wir setzen uns unter einen Baum, ich trinke Wasser, dann besichtigen wir das Essen, meine Kollegen entscheiden sich fuer Schwein, das liegt kross gebraten auf einem grossen Blech, das  auf dem Feuer liegt, es schmeckt sehr gut, ich esse auch Leber. Dazu trinken wir Bier.
Es ist mittlerweile 13 Uhr und warm, ca 37 Grad. Auf dem Markt gibt es alles, was es bei uns in den Muelleimer geschafft haette, vor allem viele Autoreifen, als Taschen, als Schuhe, als Ranzen. Wir setzen uns in eine dunkle Huette, wo Japalo oder Dolo ausgeschenkt wird, dieses warme, leicht moussierende Hirsebier, das aus grossen Kallebassen mit kleinen Kalebassen in mittlere Kalebassen gefuellt wird. Die Wirtin krempelt den Aermel hoch und faehrt rein in die Fluessigkeit. Ich bin vorsichtig, das letzte Mal bekam ich Durchfall, dieses Mal nicht! Dann fahren wir zurueck, die isländischen Dokumentarfilmer Angelika und Siggi kommen an. In Ouaga sind die Strassen gesperrt, Blaise Compaore, der frisch wiedergewaehlte Praesident ( 80%) will auch landen. Er kommt von der Elfenbeinkueste von seinem Kumpel Ghagbo, der hat ja auch “gewonnen”. Die Ouagalais sind sauer, weil Blaise sich so wichtig macht. Die Maschine aus Bruessel darf auch erst viel spaeter landen. Die beiden Islaender kommen erschoepft und gut gelaunt an, ja das gibt es, wir bringen sie ins Hotel, dann zu Rachelle ins Bistro. Eine Huette am Strassenrand, der Staub ist so dicht wie Nebel, Geld wechseln, planen, bald schlafen, weil morgen frueh habe ich Casting.

20.12.

Ich stehe um halb sechs auf, Yoga, Meditation muss sein an einem solchen Tag, an dem ich 47 fremde Menschen beurteilen soll. Um 8.00 Uhr geht es los. Ich lasse in Gruppen einteilen und arbeite mit jeweils 15 Kollegen 40 Minuten lang, dann entscheide ich mich fuer 7 davon. Nach drei Stunden bin ich fertig, es ist gut gelungen, trotzdem schwer, so viele Hoffnungen zerstoert. Wir fahren zum Fruehstueck, Fleischspiesse an der Strasse, ja es gibt immer Fleisch. Siggi und Angelika sind immer dabei, filmen. Dann Ausruhen im Hotel, schlimme Nachrichten aus der Heimat, Flughaefen sind zu, Petra (Autorin, Projektleiterin), Birgit ( Buehne) und Marcus  (Assistent) kommen erstmal nicht. Wir besprechen die Aenderungen, essen die legendaeren Haehnchen bei Boulougou und einen sagenhaften Salat (ich vertrage alles, das ist schoen)

21.12.

Zweite Phase des Workshops mit den erwaehlten 25 im Kulturzentrum Napam Beogo: eine windige Huette, klein und niedrig, wie die Kammerspiele in Wuerzburg. Alle sind puenktlich um 8.00 da, die Kollegen in Wuerzburg gehen jetzt fuer Pippi Langstrumpf in die Maske. Kapiert das endlich jeder wie unglaublich tapfer Schauspieler sind. Sag mal zu einem Jazzer, er moege um 8.00 spielen. Training, die Stimmung ist gut, Spiele. Jeder soll sich vorstellen, die alte Clownsschule, das ist sehr anspruchsvoll und ich kann sehr viel sehen. Nach fuenf Stunden sind alle erschoepft, ich auch. Essen bei Rachelle, es gibt riz gras avec sauce, das ist nahrhaft und kostet 75 cent. Ich muss pennen, schreiben, fuer mich sein, abends Haehnchen und Salat bei Boulougou, dann holen wir Marcus ab, er hat es geschafft. Ab jetzt heisst er: Pharao, le guerrier (Pharao deshalb, weil er auf den Premierenfeiern immer Pyramiden baut, und guerrier – Krieger -, weil er es geschafft hat, in Paris 12 Stunden in der Reihe zu stehen und zu schlafen und nicht aufzugeben. Afrikaner lieben sprechende Namen und Schauspieler auch). Er ist gluecklich, ich auch, gut, dass er da ist.

22.12

Zweiter Tag der 25. Ich intensiviere die Arbeit, korrigiere hart, heute muss ich die 12 auswaehlen fuer Phase drei: die Begegnung zwischen den Kulturen – la rencontre bukinallemand. Paul Zoungrana, der zweite Autor neben Petra, ist dabei, berät mich. Ich bin traurig wieder enttaeuschen zu müssen, doch das ist die Arbeit.
Paul, Marcus, Siggi, Kontil und ich fahren in das Kulturzentrum Luijl yilaa und diskutieren mit Dominique, der belgischen Besitzerin, die Moeglichkeit die dritte Phase hier zu starten, 25 Kilometer ausserhalb von Ouaga auf dem Dorf, abgeschieden, idyllisch – ein guter Ort fuer die erste Begegnung. Dort treffen wir auch die Auswahl fuer die 12. Paul und ich sind uns bald einig. Siggi filmt mit einer winzigen Kamera, auch auf dem Rueckweg, durch den gluehendroten Staub, die rote Sonne im Rücken, tausende von Mopeds um uns, Marcus sitzt hinten drauf und singt pfaelzische Spirituals. Um 19.00 im Cito treffe ich mich mit Martin Zongo, dem Kaufmännischen Leiter vom C.I.T.O., unserem Kooperationstheater. Wir besprechen Phase 3 und dann will ich duschen, Hose kaufen, will essen bei Katherine unserer Lieblingsbedienung im Boulougou. Eine Jeans kostet 10 Euro und essen tun wir immer im Freien, es ist warm, Ouelgo hat 2 Kerzen besorgt, wegen der Gemütlichkeit, ausserdem ist bald Weihnachten. Morgen fahren wir um halb sieben nach Bobodiolassou und besuchen eine Hochzeit zwischen einem muslimischen Bubkinabe und einer christlichen Deutschen mit 500 Gästen. Das ist unser Thema, das ist unser Projekt: Familie und Verwüstung. Das heisst um 5.00 Uhr aufstehen. Gute Nacht.

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