Im Oktober letzten Jahres konnte man beim Festiwal Prapremier im Teatr Polski bewundern, wie beeindruckend eine Mischung aus 120 maskierten Jugendlichen im Zuschauerraum, einer Band, dem U2-Song “Sunday Bloody Sunday”, einem “Bono” verkörpernden Schauspieler, vielen mit Schein um sich werfenden Scheinwerfern, einem Hauch Nebel und packender Live-Konzert-Atmosphäre sein kann. Hier können Sie anfangen, es zu erahnen:

You need to install or upgrade Flash Player to view this content, install or upgrade by clicking here.

P.S. Weiteres Material zum Begucken folgt.
P.P.S. Bald.

Das Thema unseres Austausches zwischen Wilhelmshaven und Bydgoszcz ist der Blutsonntag am 3. September 1939. An diesem Tag kam es durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen im damaligen Bromberg. Diesen fielen viele Menschen der – in Polen lebenden und sich als Polen fühlenden – deutschen Minderheit, aber auch der polnischen Bevölkerung zum Opfer.

Der Jugendclub des Teatr Polski aus Bydgoszcz hat 3 Vorstellungen seines Stückes “Sunday Bloody Sunday” in Wilhelmshaven gegeben.
Mit den Darstellern suchten die Zuschauer Zuflucht in einem Kartoffelkeller und bekamen deutlich gezeigt, wie die in Eintracht geführte polnisch-deutsche Zweisamkeit in Bydgoszcz, am 3. September 1939 – zwei Tage nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges – einen jähen Einschnitt erfuhr.
Eine – bzw. drei – sehr beeindruckende Vorstellungen!

Ein kurzer Eindruck aus bewegten Bildern – hier:

You need to install or upgrade Flash Player to view this content, install or upgrade by clicking here.

P.S. Am letzten Mittwoch, den 28. März, ist der neue deutsche Bundespräsident Joachim Gauck seine erste Dienstreise angetreten. Selbstverständlich nach Polen.

Mein erster Auftrag als neue Pfadfinderin des Wanderlust-Blogs ist bestens für den Einstand geeignet: Ich fahre nach Wilhelmshaven, einer Stadt an der Nordseeküste, „am Jadebusen“, wie es in den Touristenbroschüren heißt, eine Stadt, in der ich noch nie war und die auch kein anderer Wanderlust-Blogger erkundet hat. Echte Pionierarbeit also; fehlte nur ein Fähnchen mit dem Wanderlust-Logo im Rucksack, um es auf dem Dach des Stadttheaters in Wilhelmshaven, Hauptquartier der Landesbühne Niedersachsen Nord, aufzupflanzen: erwandert!

Wilhelmshaven, eine kleine Stadt mit 80 000 Einwohnern, steuert man entweder als Tourist zum Baden, Wattwandern und zum Besuch im Marinemuseum an – oder man kommt, weil man bei der Marine arbeitet; sie hat hier den größten Stützpunkt in Deutschland. In Wilhelmshaven wohnen aber auch letzte Zeitzeugen, die 1939 den „Blutsonntag“ im polnischen Bromberg (Bydgoszcz) erlebt haben. Zwei Tage nach Beginn des Polenfeldzugs kam es zu diesem Massaker zwischen Polen und Deutschen, die in Bromberg lebten. Noch immer ist strittig, was die genauen Ursachen waren und wie viele Menschen dabei getötet wurden. Ein großer Teil der deutschen Minderheit, die bis Ende des zweiten Weltkriegs in Bromberg lebte, übersiedelte jedenfalls nach Wilhelmshaven. Heute versucht man, diese finstere Vergangenheit aufzuhellen: Bromberg ist Partnerstadt Wilhelmshavens, und die schon erwähnte Landesbühne Niedersachsen Nord nutzt den Wanderlust-Fonds, um das Thema künstlerisch aufzuarbeiten (weitere Infos): Im Oktober hat das deutsch-polnische Gemeinschaftsstück über den Blutsonntag zuerst in Bromberg (13.10.), dann in Wilhelmshaven (20.10.) Premiere. Dazu dann mehr im Herbst. Momentan nähert man sich gegenseitig mit Gastspielen an: Die Wilhelmshavener haben ihren „Woyzeck“ letztes Jahr in Bromberg gespielt, jetzt haben die Polen ihre „Dreigroschenoper“ in 20 Stunden Busfahrt an die Nordsee gebracht.

Brecht auf polnisch in Deutschland – klingt ungefähr so, als würde man in Polen deutsche Piroggen anbieten. Pawel Lysak, der Intendant des gastierenden Bromberger Stadttheaters „Teatr Polski Bydgoszcz“ und Regisseur der Inszenierung, ist sich des Risikos natürlich bewusst: „In Polen ist die Dreigroschenoper nicht so populär, die Leute finden den Text eher langweilig. Aber hier denken ja alle: ‚Das ist unser Stück und wehe, das wird vermurkst!’“


Read more...

Newer Posts