3. 1. 2011

Es ist der sechste Tag in Ouaga – für die meisten von uns – und bereits der vorletzte. Eigentlich geht es doch gerade erst los! Wir haben uns Orientierung im Dschungel der Stadt verschafft, wenn nicht geprobt wird, ist immer jemand auf dem Weg zum Markt, zum Essen oder einfach nur in der Stadt unterwegs, dem man sich anschliessen kann. Entweder zu siebt im ganz, ganz alten Taxi, oder man marschiert alleine drauf los, einfach der Nase nach!

Vorgestern Abend waren wir in Matata, ein Vergnügungsviertel Ouagas, man wähnt sich in eine postapokalyptische Welt à la “Mad Max” versetzt, auf beiden Strassenseiten wird Fleisch in jeglicher Form gebraten, Lammhoden brutzeln auf alten Kühlschrankgittern, wir lassen uns an einer Eckkneipe nieder und trinken Brakina dazu. Andere Weisse sehe ich sehr wenig, nichtsdestotrotz sind wir hier keine Attraktion, sind ein Teil dieser Welt. In Gesprächen mit den Kollegen scheint auf: Eine Familie zu haben, deren Teil man ist, das ist hier die zentrale Achse gesellschaftlichen Lebens. Es gibt keine Emanzipation von der Familie, ruft der Vater oder die Mutter nach einem, dann lässt man alles stehen und liegen und kommt, ob man nun gerade vor Ort oder doch in Europa ist. Die Familie lässt einen aber auch nicht fallen, das Leben dreht sich um sie, und man tut einfach seinen Teil dazu. Man ist nicht allein.

Und das trennt uns natürlich von dieser Welt. Wir haben hier keine Familie, keine Verwandten. Aber wir haben das Theater. Das gemeinsame Spiel, es begleitet uns überall hin, mit ihm können wir überall kommunizieren, ganz ohne Sprache! Ich frage mich, wo meine Heimat ist. In meinem Geburtsort? Dort war ich seit Jahren nicht. Im Schosse meiner Familie? Meine Eltern sind geschieden, haben keinen Kontakt zueinander, ich sehe meine Schwestern selten. In Deutschland? In Würzburg? In meiner Wohnung? Ich weiss es nicht. Gerade ist dieses Ensemble meine Familie, in der jeder seine Aufgabe übernimmt und zum gemeinsamen Leben beiträgt. Das macht mich glücklich, obwohl dies alles vergänglich ist. Aber ist ein verwandtschaftliches Familienband wirklich stärker? Das Erkennen und akzeptieren der Vergänglichkeit, das Mit-ihr-Umgehen birgt viel mehr Wahrheit für mich. Und Glück. Auf ins Getümmel!

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