Die Veenfabriek aus den Niederlanden und das Schauspielhaus Bochum probieren gemeinsam “Candide” nach Voltaire
Die Musiker sind fast immer im Einsatz. Nur in ganz wenigen Augenblicken der dreistündigen Aufführung von Voltaires “Candide” herrscht Stille. Fast, denn in der Ruhe hört man ein leises Knacken. Der Schauspieler Jürgen Hartmann öffnet mit den Fingern eine Erdnuss. “Das habe ich mal auf einer Probe gemacht”, erzählt er. Und schon war es Teil des Abends. Jedes Geräusch ist Musik, die Schritte der Schauspieler, ihr Atmen, das Rascheln der Kleidung. Das ist der Arbeitsstil der Veenfabriek aus Leiden. Das niederländische Ensemble hat einen eigenen Stil des Musiktheaters entwickelt. Für die Eröffnungspremiere des Bochumer Schauspielhauses, mit der die Intendanz Anselm Webers am Donnerstag beginnt, arbeiten die Musiker und Schauspieler mit einem Teil des Bochumer Ensembles zusammen.

Joep van der Geest (links) und Jürgen Hartmann als doppelter Candide bei einer Probe im Bochumer Schauspielhaus. Foto: Thomas Aurin

There it was again, this time at the HAU in Berlin for a guest performance of Jan Klata’s “The Promised Land” by the Polski Express from Wrocław – that good, old simultaneous translation piped in over earphones. At the cloakroom you swapped your ID for the device, switched it to the right channel, stuck in an earbud, letting the other one hang down (in order to hear what they said on stage), and then hoped it would work. Hoped, that is, that the translator’s voice (Agnieszka Grzybkowska’s at the HAU) would be so unobtrusive and intrinsic to the performance that it could be perceived as a natural processing station for all that was said en route from the stage to the brain. It’s best when she (for some reason, the translator always seems to be a she) is not a native speaker of German, but has a slight accent from the country where the play originates. Ever since I watched the guest performance of Lew Dodin’s small-town saga “Brothers and Sisters” by the St. Petersburg Maly Teatr at the Theater der Welt festival in Hamburg in 1989, I’ve associated world theatre with this useful, monotone, charmingly accentuated voice in my ear that makes me feel I’ve listened to (and understood) the real-time dialogue on stage. Compliments to those simultaneous translators!

Über die vergangenen sechs Monate im Wanderlust Blog
Sechs Monate Wanderlust Blog liegen hinter uns. Viele Theater – und somit auch unsere Theaterpartnerschaften – machen gerade eine Sommerpause. Zeit, einen Blick zurückzuwerfen: Gestartet sind wir im Februar 2010 mit dem Vorhaben, die 28 internationalen Theaterpartnerschaften des Fonds Wanderlust während ihrer gemeinsamen Arbeit kennenzulernen und sie bei Koproduktionen und Gastspielen, beim Mitarbeiteraustausch, bei Workshops und Proben zu begleiten.
Viele von ihnen haben vom Fortlauf ihrer Kooperation im Blog berichtet. Sei es als Reisetagebuch von einer Forschungsreise in Burkina Faso, mit Soundcollagen, die im Rahmen einer Stückrecherche im rumänischen Sibiu entstanden, oder mit einer Videoserie über das Entstehen der ersten gemeinsamen deutsch-russischen Koproduktion.

Schauplatz des Theater-Camps #2 unseres Projektes MEIN LAND BILADI ist Dschenin im palästinensischen Westjordanland. Überrascht von der Nachricht, dass das FREEDOM THEATRE bis September 2010 aus dem Flüchtlingslager ausziehen wird und ein neues Theaterhaus (für 400 Zuschauer!) in der angrenzenden Stadt baut, haben wir kurzerhand die Baustelle zur Schaustelle unserer Theaterproduktion gemacht.
Auf den bereits fertigen Fundamenten des neuen Theaters werden die 20 jungen Theatermacher aus Leipzig und Dschenin gemeinsam ihre neue Performance entwickeln, die dem Rhythmus der Kulturen nachspüren soll. In kleinen Teams werden die Jugendlichen durch das Flüchtlingslager und die Stadt streifen, um Material bzw. Themen zu sammeln, auf deren Basis sie ihre Aufführung entwickeln. Und sie werden in diesen drei Arbeitswochen ihren Rhythmus finden müssen, den Rhythmus der anderen hören lernen, in einen quasi musikalischen Dialog treten. Also unser Rhythmus und ihrer, der einer Gruppe gegen den eines Einzelnen. Ihr Sprachrhythmus? Eine Körper-Partitur? Sie ermöglichen vielleicht Bewegungsräume in einem Haus, das es noch gar nicht gibt. Vor allem aber werden unsere 20 Jugendlichen die ersten sein, die im neuen „Theater“ spielen werden: ohne Mauern, ohne Dach, unüberhörbar!

Gute Freunde hatten uns vorbereitet: Franzosen haben eine Eigenart, die man berücksichtigen sollte. Sie legen wert darauf, dass zu Beginn einer gemeinsamen Arbeit eine flirrende Atmosphäre gestiftet wird! Wir kochten, zogen weiße Tischtücher auf und tafelten auf einer Terrasse, von der aus wir über die halbe Stadt sehen konnten. Nach zwei Stunden wurden unsere Gäste, Joel Pommerat und seine Compagnie Louis Brouillard unruhig. Sie wollten endlich auf die Bühne!
Obwohl der aktuelle Titel unseres Projektes Ma chambre froide / Mein kaltes Zimmer lautet, war die erste Begegnung mit dem französischen Autor und Regisseur Joël Pommerat und drei seiner Schauspieler alles andere als kühl. Unsere erste gemeinsame Workshop-Woche begann.
Wir öffneten den Fundus unserer Puppen! Pommerat und seinen Spieler gewannen Einblicke in verschiedene Inszenierungen, Puppenarten und Spielweisen. Einige Puppen sind Pommerat besonders ans Herz gewachsen, vor allem die Puppe der Holly Golightly aus „Frühstück bei Tiffany“ – „eine Stradivari!“ – meinte Joel begeistert.
In Frankreich, erzählten unsere Gäste, gäbe es so etwas nicht! Die Puppe kommt Joels Vorliebe entgegen. Sie birgt die Möglichkeit, seiner Theater-Arbeit eine weitere Ebene hinzuzufügen.

