Das Mannheimer Jugendtheater Schnawwl bringt in “Das Lied von Rama” einen indischen Mythos auf die Bühne

Das Lied von Rama © Staatstheater Mannheim / Schnawwl

15 lange Stoffbahnen begrenzen den Raum, sind mit dem Teppichboden verwoben. Niemand darf dieses Bühnenbild mit Schuhen betreten. An den Seiten der Spielfläche sitzen Musiker. Die Sitar kennt man vielleicht noch, die anderen Instrumente sind schon spezieller. Esraj, Dilruba, verschiedene Trommeln und Schlagzeuge. Die Musiker schaffen einen fernöstlichen  Klangraum  für die deutschsprachige Erstaufführung “Das Lied von Rama”, einer Bearbeitung des neben dem “Mahabharata” wichtigsten Epos der indischen Literatur. Aber die Musiker stammen nicht aus Indien, die große Koproduktion des Mannheimer Jugendtheaters Schnawwl mit der indischen Bühne Ranga Shankara aus Bangalore kommt erst im weiteren Verlauf der Spielzeit. Die übrigens ganz unter dem Motto “Fremde Freunde” steht.


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Das Landestheater Tübingen und das Karelische Nationaltheater spielen zusammen “Romeo und Julia”

Entspannt stehen sie alle nebeneinander, die Russen und die Deutschen. Sie kündigen das Schauspiel an, “Romeo und Julia” in zwei Sprachen.  Erst nach diesem Vorspiel wechseln sie in ihre Rollen. Die Deutschen sind die Montagues, die Russen die Capulets, zwei verfeindete Familien in einem Fantasie-Verona, das überall sein könnte. Deshalb besteht die Bühne nur aus einer großen, schwebenden Spielfläche, einer Schaukel, die jeden, der sie betritt, vor Gleichgewichtsprobleme stellt. Ein überzeugendes Bild für die Herausforderung, mit Kollegen Shakespeare zu spielen, deren Sprache man nicht versteht. Da sind viele gewohnten Sicherheiten nicht mehr vorhanden, und man muss sich darauf verlassen, dass einen der andere gerade nicht verschaukelt.

Die Sprache wird immer wieder zum Thema im Laufe der Aufführung. Als der kämpferisch-hitzige Tybalt (Vjacheslav Poljakov) einen deutschen Satz radebrecht, lassen ihn Mercutio und Benvolio direkt auflaufen. Sie antworten mit arroganten Wortspielen, die Tybalt nicht verstehen kann, lassen ihn auflaufen. Und erzählen in dieser kurzen Szene einiges von der Vorgeschichte des Konfliktes, dem Abgrenzen durch Sprache, dem Unwillen, sich mit dem Fremden auch nur zu beschäftigen. Bruder Lorenzo ist die große Ausnahme, eine zweisprachige Schaltstelle, an die sich beide Familien vertrauensvoll wenden. Udo Rau spielt ihn mit unterschwelliger Leidenschaft und großer Autorität, ein brillianter Spielmacher, der es gewöhnt ist, die Fäden in der Hand zu halten. Umso tiefer ist sein Sturz, als sein perfekt ausgetüftelter Plan am Ende nicht aufgeht.

Romeo und Julia, Premiere am 8.10.2010 am Landestheater Tübingen © Patrick Pfeiffer


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Die Sonne flirrt. Die Luft ist warm. Es riecht nach Pinien und Thymian. Vom Chateau aus sieht man Toulon und das Mittelmeer. Wir sind für 5 Tage in Chateauvallon, einem Festivalzentrum für Theater und Tanz in Südfrankreich. Hier erfinden und probieren Joёl Pommerat und seine Compagnie Louis Brouillard ihr neues Stück, dessen deutschsprachige Erstaufführung wir mit Puppen aufführen werden.  Auf kreisrunder Bühne wird viel und lange improvisiert. Manchmal spielen acht Schauspieler miteinander. Es fällt auf, wie genau sie ihre Figuren bereits kennen. Joёl schaut lange zu, verändert eine der Grundbedingungen, lässt weiterspielen und schaut wieder zu. Jeweils am nächsten Morgen zieht er sich an den Schreibtisch zurück, am Nachmittag werden die Texte verteilt und auf der Bühne überprüft. Die Geschichte wächst, wuchert in vielen Einzelsträngen, Figuren fordern Rechte ein. Würde man versuchen, Ma chambre froide zum jetzigen Zeitpunkt nachzuerzählen, so erinnerte das Stück eher an einen Roman, den Balzac und Dostojewski gemeinsam schreiben. Üppiger Reichtum! Glückliche Fülle! Schöpfen aus dem Vollen! Unsere Puppenspieler und die französischen Schauspieler stehen gemeinsam auf der Bühne. Babylonische Sprachverwirrung bringt hier Klarheit: Ein Gemisch aus Französisch, Englisch, Deutsch und Spanisch wird zur Sprache auf der Bühne. Untersucht wird, was Puppen und Schauspieler auf der Bühne darstellen können. Wo sind die Stärken? Wo die Schwächen? Welche Wirkungen ergeben sich durch das Zusammenspiel? Nach ein paar Probenstunden ist klar, dass Puppen auch in der französischen Fassung eine Rolle spielen werden. Nun geben die Puppenspieler den französischen Kollegen einen Crash-Kurs im Puppenspiel. Wie bei unseren Zusammenkünften in Halle und Wiesbaden stellen wir fest: Diese beiden Theater haben ein großes Interesse aneinander. Eine Neugier aufeinander. Mit Respekt schaut man dem Partner über die Schulter und stürzt sich ins gemeinsame Spiel!

Skadi Konietzka und Ralf Meyer
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Die ursprüngliche Idee sei ja gewesen, „Sporttheater“ zu machen, sagt der polnische Regisseur und Schauspieler Cezary Morawski auf deutsch und verzieht das Gesicht. „Sporttheater! Aber da habe ich gesagt, dann reise ich sofort wieder ab.“ Heike Schmidt, die Chefdramaturgin der Schauspielsparte der Uckermärkischen Bühnen Schwedt, lächelt unerschrocken und korrigiert: „Theatersport. Ja, wirklich, wir wollten nach ‘Frau Luna’ mit dem polnischen Partnerensemble Workshops durchführen und dann gemeinsam Theatersport machen – Improvisationstheater.“ Aber Morawski wollte nicht. Und da hätten sie sich gefragt: „Was dann?“

Flieg, Maikäfer, flieg!

Heike Schmidt und Cezary Morawski sitzen im Foyer des Intimen Theaters, einer von mehreren Bühnen im Mehrzweckbau der Uckermärkischen Bühnen Schwedt. Soeben hatte Pommerland ist abgebrannt Premiere, das Stück, das sie, da es mit dem Theatersport nichts wurde, gemeinsam geschrieben haben. „Leć biedronko, leć!“ (Flieg, Maikäfer, eigentlich: Marienkäfer, flieg!) – eine deutsch-polnische Kopoduktion mit zwei Darstellern aus dem Schwedter Ensemble, (Uwe Heinrich und Uwe Schmiedel) einer in Deutschland geborenen polnischen Theaterstudentin aus Warschau (Justyna Bielecka) und sechs Sängern und Tänzern aus dem Chor und Ballett der Opera na Zamku Szczecin. Bühne und Kostüme stammen von Anke Fischer aus Schwedt, Regie führte Morawski, ein gebürtiger Stettiner und in Polen ein Fernsehstar.

Pommerland ist abgebrannt, Szenenfoto: Udo Krause

Pommerland ist abgebrannt, Szenenfoto: Udo Krause


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Paul Koek verwandelt Voltaires “Candide” am Schauspielhaus Bochum in ein skurriles Musiktheater

“Alles ist zum Besten!” Candide glaubt unerschütterlich, dass unsere Welt die beste aller möglichen Welten ist. Kein Erdbeben mit Tausenden von Toten, kein Schiffbruch, keine Demütigung kann ihn vom Gegenteil überzeugen. Voltaire treibt es wild mit seinem Helden, lässt ihn auspeitschen und zum dreifachen Mörder werden, seine Geliebte Kunigunde wird zur Sexsklavin eines Großinquisitors. Candide glaubt weiter an das Gute. “Candide oder der Optimismus” heißt die Romanbearbeitung von Paul Slangen und Olaf Kröck, mit der das Schauspielhaus Bochum unter neuer Intendanz startete. Es ist eine Koproduktion mit der Veenfabriek aus den Niederlanden, gefördert im Fonds Wanderlust.

Ein großes Papiertheater

Regisseur Paul Koek, bekannt durch seine langjährige Zusammenarbeit mit Johan Simons, erzählt die Geschichte im Rückblick. Voltaire und Kunigunde sind alt geworden und  beschäftigen sich nur noch mit den Früchten ihres Gartens. Ein großer Rahmen steht auf der Bühne, dahinter verbirgt sich ein überdimensionales Papiertheater. Durch Öffnungen in den Seiten schieben die Schauspieler Wellen und Berge aus Pappe hinein. Sie agieren stark stilisiert, comichafte Erinnerungen eines naiven Geistes. Wobei dieser Begriff hier nichts Negatives hat. Candide ist ein Naiver im Sinne Schillers, jemand, der mit sich im Reinen ist, ein purer Optimist. Ohne seine Naivität wäre er längst zerbrochen, sie ermöglicht es ihm, die Grausamkeiten zu überleben. Nie verliert er sein Ziel aus den Augen, mit Kunigunde glücklich zu werden. Und schließlich schafft er es auch.

Jürgen Hartmann als alter Candide und Therese Dörr als Kunigunde mit Musikern. Foto: Thomas Aurin


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