„Das wichtigste einer jeden Kultur ist der Austausch.“ (Dimitré Dinev)

20.06.2011, Theater Osnabrück/ Theater am Domhof
Der am 20. Juni erscheinende Rechercheband entstand in Kooperation zwischen dem Theater Osnabrück und dem Verlag „Theater der Zeit“. Ermöglicht wurde dies durch den Fonds Wanderlust der Kulturstiftung des Bundes.

Eine „…bühnenkulturell fast unbekannte Größe…“ hat das Osnabrücker Magazin „Stadtblatt“ Bulgarien noch im März 2009 genannt. Nun endet die sechsjährige Ära des Intendanten Holger Schultze in Osnabrück und mit ihr das fast vierjährige Projekt, das eindrückliche Begegnungen mit dem bulgarischen Theater und mit binationalen Inszenierungen (letzter glanzvoller Höhepunkt war Ivan Stanevs Inszenierung von „Rustschuk – Die gerettete Zunge“ mit deutschen und bulgarischen Schauspielern) ermöglicht hat. Nun erscheint abschließend bei „Theater der Zeit“ ein Rechercheband, der dieses Wanderlust-Projekt dokumentiert und in Essays und Gesprächen bulgarischer und deutscher Theatermacher, Künstler und Wissenschaftler Einblicke in die Hintergründe des Theaterschaffens im kleinen Balkanland gibt.


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Das Theater Osnabrück und das Drama Theatre Russe zeigen “Rustschuk – die gerettete  Zunge” nach Elias Canetti

Erinnerungen sind selten klar. Oft verschwimmen die Bilder, fügen sich zusammen, zerfließen wieder. Eine Autobiographie zu schreiben bedeutet immer auch, sein Leben neu zu erfinden. Der Regisseur und Bühnenbildner Ivan Stanev hat für das Wesen der Erinnerung ein überragendes Bild gefunden.

Theater Osnabrück und Drama Theatre Russe, Rustschuk – die gerettete Zunge nach Elias Canetti

Theater Osnabrück und Drama Theatre Russe, Rustschuk: "Die gerettete Zunge" nach Elias Canetti

Die Bühne des Emma-Theaters, der kleinen Spielstätte des Theaters Osnabrück, steht unter Wasser. Über die Lautsprecher tönt die Stimme des Schriftstellers Elias Canetti, es ist ein Interview zu seinem 70. Geburtstag. Deutsch – so hören wir – ist erst die vierte Sprache, die er gelernt hat. Dazu bewegt sich eine überdimensionale Zunge am Rand des Bassins. Den ersten Teil seiner Autobiographie hat Elias Canetti “Die gerettete Zunge” genannt. Eine seiner frühesten Erinnerungen handelt von einem Mann, der  mehrmals drohte, ihm, dem kleinen Jungen, die Zunge herauszuschneiden. Die Zunge verschwindet, der Schauspieler Jan Schreiber nimmt an einem Tisch Platz, hinter Mikrofon und Schreibmaschine.  Er sieht wie der ältere Canetti aus und nähert sich auch sprachlich der wienerischen Sprachmelodie des Autoren. Die Rückschau auf die frühen Jugendjahre beginnt.  Bilder schimmern durch die Wasseroberfläche hindurch. Erst sind es Porträtfotos, Canetti als Kleinkind, als Jugendlicher, als Erwachsener. Später sind es Postkarten die Rustschuk, die Stadt an der Donau, die heute Russe heißt, zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigen. Sie drehen sich, zerlaufen, fließen ineinander. Was der Videokünstler Thorsten Alich hier zusammen mit der Osnabrücker Technik leistet, ist grandios. Wir schauen in Canettis Kopf, beobachten den Prozess des Erinnerns.
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Eine bulgarisch-deutsche Koproduktion im Theater Osnabrück bringt die Kindheit von Elias Canetti auf die Bühne

Ein Probenbesuch

Rustschuk in Bulgarien, Manchester, Zürich, Wien – das sind die Orte, an denen der Schriftsteller Elias Canetti seine Jugend verbracht hat. Der Literaturnobelpreisträger hat die ersten 15 Jahre seines Lebens im ersten Band seiner Autobiographie beschrieben. “Die gerettete Zunge” heißt das Buch. Das Theater Osnabrück bringt es nun auf die Bühne, als Koproduktion mit dem Theater Russe. So heißt die Stadt Rustschuk, die fünftgrößte in Bulgarien, heute. Der aus Bulgarien stammende und in Berlin lebende Regisseur Ivan Stanev inszeniert mit einem gemischten Ensemble aus beiden Ländern. Freitag ist Premiere.

Ein kleines Kind  beobachtet sein Kindermädchen und ihren Liebhaber. Die beiden fühlen sich ertappt. Sie droht dem Jungen, wenn er etwas verrate, dann würde sie ihm die Zunge rausschneiden. Elias Canetti schweigt, jahrelang. Viele Jahrzehnte später nennt er den ersten Teil seiner Autobiographie “Die gerettete Zunge”.

Die Zunge spielt mit. Sie ist ein überdimensionales Ding, das sich langsam bewegt, züngelnd. Fast wirkt es als säße zusammengekauert jemand unter Stoff, ein aufopferungsvoller Tänzer vielleicht. Dann drückt die Regieassistentin auf einen Knopf, und die Zunge steht still. Sie ist eine Maschine. Eine faszinierende, eklige Maschine, die auch ein seltsames Wesen aus der Tiefsee sein könnte.


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Im September dieses Jahres machten sich Schauspieler und weitere Vertreter des Theater Osnabrück auf den Weg nach Bulgarien, zum dritten Teil der deutsch-bulgarischen Kooperation Die Stimmen von Russe.
Die sechstägige Gastspielreise führte uns nach Ruse und in die Schwarzmeerstadt Varna. Vor ausverkauftem Haus gaben wir in Ruse zwei Vorstellungen von Fassbinders “Katzelmacher”. Um die Vorstellungen herum gab es ein Rahmenprogramm, u.a. betreute die Osnabrücker Theaterpädagogik über vier Tage hinweg einen Jugendworkshop zum Thema “Vorurteile” und im Anschluss an die Vorstellungen konnten die Schauspieler auch ihr musikalisches “Können” während einer Karaoke-Party unter Beweis stellen.
Von Ruse ging es weiter nach Varna, wo ebenfalls vor ausverkauftem Haus “Katzelmacher” (bulg. Übersetzung: Gastarbeiter) gezeigt wurde.

In Bulgarien stießen wir neben sehr anregenden und warmherzigen Begegnungen zwischen Künstlern und Publikum leider auch auf ein sehr desolates Theatersystem und machten diese Misere mit Hilfe der mitreisenden Journalisten (u.a. Neue Osnabrücker Zeitung, Theater der Zeit) publik. Hier die Resolution des Deutschen Bühnenvereins vom 22.09.2010, den wir ebenfalls auf die Situation aufmerksam machten:

Bulgarische Theater kurz vor dem Aus – deutsche Landschaft angeblich Vorbild für “Reformen”!

Die bulgarische Theaterlandschaft erlebt derzeit die schlimmste Krise seit 1990 – wie es nach dem 1.1.2010 weitergehen soll, weiß momentan niemand. Seit Monaten können in vielen Theatern keine Gehälter mehr gezahlt werden, Massenentlassungen haben begonnen – erst gestern wurden im Theater Varna 73 Mitarbeiter entlassen. Dies geschieht im Namen von neuen “Reformen”, die das Ministerium für Kultur in Sofia in der Sommerpause beschlossen hat.
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Haide ist ein balkanisches Allround-Wort, das von Ljubljana bis zum Bosporus verwendet wird und eigentlich soviel heisst wie: “Auf gehts!”, “Los!”, “Lass uns…!”. In unterschiedlichen Kontexten kann es aber durchaus verschiedene Inhalte transportieren. Da man es auch gebrauchen kann, um zum gemeinsamen Anstoßen aufzufordern, kann man es in Bulgarien eigentlich immer sagen.
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