„Das wichtigste einer jeden Kultur ist der Austausch.“ (Dimitré Dinev)

20.06.2011, Theater Osnabrück/ Theater am Domhof
Der am 20. Juni erscheinende Rechercheband entstand in Kooperation zwischen dem Theater Osnabrück und dem Verlag „Theater der Zeit“. Ermöglicht wurde dies durch den Fonds Wanderlust der Kulturstiftung des Bundes.

Eine „…bühnenkulturell fast unbekannte Größe…“ hat das Osnabrücker Magazin „Stadtblatt“ Bulgarien noch im März 2009 genannt. Nun endet die sechsjährige Ära des Intendanten Holger Schultze in Osnabrück und mit ihr das fast vierjährige Projekt, das eindrückliche Begegnungen mit dem bulgarischen Theater und mit binationalen Inszenierungen (letzter glanzvoller Höhepunkt war Ivan Stanevs Inszenierung von „Rustschuk – Die gerettete Zunge“ mit deutschen und bulgarischen Schauspielern) ermöglicht hat. Nun erscheint abschließend bei „Theater der Zeit“ ein Rechercheband, der dieses Wanderlust-Projekt dokumentiert und in Essays und Gesprächen bulgarischer und deutscher Theatermacher, Künstler und Wissenschaftler Einblicke in die Hintergründe des Theaterschaffens im kleinen Balkanland gibt.

Welche Tradition hat der deutsch-bulgarische Theateraustausch (z.B. mit Heiner Müller, Dimiter Gotscheff, Ivan Stanev…);  welche Rolle spielt Europa für die Bulgaren seit den politischen Umbrüchen 1989/90, aber auch seit dem Beitritt zur EU 2007; mit welchen Herausforderungen sind Stadttheater und freie Theatermacher in einem Land konfrontiert, das kein politisch festgelegtes Ziel der Kulturförderung aufgestellt hat und in dem die meisten Menschen sich nach ablenkender Unterhaltung sehnen, anstatt sich im Theater mit den eigenen Sorgen und Problemen konfrontieren zu wollen? (Und welche Probleme der bulgarischen Kollegen ähneln vielleicht sogar den unseren?)

Nicht zuletzt die Gastspielreisen des Theater Osnabrück nach Russe, Varna oder Sofia gaben die Möglichkeit zu ersten Recherchen vor Ort, zum Kennenlernen interessanter Autoren und Gesprächspartner für unser Buch. „DIE NEUE FREIHEIT – Perspektiven des bulgarischen Theaters“ bietet Innenansichten und ist der erste Band über bulgarisches Theater (Schauspiel, Tanz, Musiktheater, alternatives Theater …) überhaupt seit 1989/90, in vielen Fragen auch für Bulgarien.

Die Unterschiede zwischen deutschem und bulgarischem Theaterschaffen, aber auch die einzigartigen Erfahrungen, die unsere Austausch-Schauspieler und -Regisseure sammeln konnten (Laurenz Leky berichtete auf dieser Seite bereits in seinem Blog), werden vor allem in Tandem-Gesprächen reflektiert, die ebenfalls in Bulgarien stattfanden. Das Buch versammelt somit auch eine Reihe leidenschaftlich vorgetragener wie kulturtheoretisch wohl durchdachter Fürsprachen für die internationale Zusammenarbeit. Der aus Bulgarien stammende und seit 1990 in Wien lebende Autor Dimitré Dinev, der sich immer wieder mit dem so genannten Fremden und der Rolle der Kunst im Umgang mit dem Fremden beschäftigt, meint in unserem Gespräch: „Die wichtigste Eigenschaft einer jeden Kultur ist der Austausch. Sie braucht die fremden Einflüsse, um sich zu vergleichen und zu messen, um sich zu erproben und zu erneuern.“

Am 20.6.2011 wird um 19.30 Uhr das druckfrische Buch zum ersten Mal in der Reihe Auf dem roten Sofa in Osnabrück am Theater am Domhof durch Schauspieler, Autoren, Bulgarienreisende im Rahmen einer Lesung mit anschließendem Gespräch präsentiert.

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