Nach mehrmonatiger Arbeit feierte Joёl Pommerats „Ma chambre froide“ am Pariser Odéon-Théâtre de l´Europe seine Premiere:

Ein wohlhabender, aber nicht sonderlich attraktiver Mann – beflissener Erotomane und unheilbar erkrankt – will seinen Besitz nicht an seine leiblichen Kinder vererben, sondern an die Angestellten eines Supermarkts, der ihm gehört. Er will beweisen, dass er unersetzbar ist. Und er will unsterblich sein! Als Gegenleistung für das Erbe sollen die Angestellten ein Theaterstück über sein Leben verfertigen und zehn Jahre lang je ein Mal pro Saison aufführen. Die zukünftigen Millionäre sind von dieser Aufgabe überfordert. Unter den Angestellten befindet sich aber eine gutherzige Frau, die heimlich in das vermeintliche Scheusal verliebt ist und es mit Hilfe des Theaters läutern will. Da es ihr an Durchsetzungskraft mangelt, erfindet sie einen Bruder, der statt ihrer die Theaterproben leitet. Dieser Bruder, verkörpert von ihr selbst, wird zum Objekt der Begierde des kranken Mannes, der inzwischen im Krankenhaus auf den Tod wartet. Aber auch der Bruder kann das Theater und die angeschlagene Firma nicht retten …

Die deutschsprachige Presse lässt diesen Abend nicht kommentarlos vorüberziehen. Eberhard Spreng schreibt auf www.dradio.de: „Wie in seiner vorangegangenen Arbeit versammelt Joёl Pommerat das Publikum in einer kleinen Manege, in der die rasche Szenenfolge mit äußerst sparsamen spielerischen und regielichen Mitteln vorangetrieben wird. Und dennoch bekommt das Geschehen um die ökonomischen Nöte dieser Genossenschaft immer wieder magische Momente: Es sind Reminiszenzen aus der Vergangenheit, die finsteren Mächte der Kindheit, die vor allem Blocq und Estelle nicht loslassen. Pommerats Theater ist ein zauberhaftes Faszinosum: es führt die Zuschauer im Handumdrehen von dem Lachen der Farce ins epische Theater, vom kruden Supermarktrealismus zu den Dämonen der Seele. Es ist komisch und tiefgründig zugleich und bleibt bis zum Schluss ein spannendes Rätsel.“

In der „Neuen Zürcher Zeitung“ schreibt Marc Zitzmann: „Alltag und Albtraum. Immer wieder durchbrechen surreale Blüten den Betonboden von Pommerats Geschichten aus der Berufsrealität: Versatzstücke aus Fernsehshows, Groschenromanen oder Filmen wie jenen von Pedro Almodóvar oder David Lynch. (…) Jeden Wechsel zwischen den zahlreichen, überwiegend kurzen Szenen markiert ein Moment völliger Finsternis – harte Schnitte, denen etwas Filmisches eignet und die dem Spektakel seine dunkle Grundierung geben. Kontrapunktiert wird dieses durch die leise, nie überzeichnete oder gar ätzende Situationskomik, die viele Szenen charakterisiert -  Pommerat richtet bei der Behandlung eines a priori trockenen Sujets wie der Verwaltung von Unternehmen den Fokus nicht auf Ideologisches oder Politisches, sondern auf Humoristisch-Allzumenschliches.“

Nach gemeinsamen Workshops in Halle und Toulon tragen wir nun das „Pommeratsche Feuer“ ins Puppentheater Halle und erarbeiten – unterstützt von der Compagnie Louis Brouillard – die Deutschsprachige Erstaufführung!

Skadi Gleß und Ralf Meyer

Tags: , ,

0 Comments

leave a comment

You must be logged in to post a comment.