Schauplatz des Theater-Camps #2 unseres Projektes MEIN LAND BILADI ist Dschenin im palästinensischen Westjordanland. Überrascht von der Nachricht, dass das FREEDOM THEATRE bis September 2010 aus dem Flüchtlingslager ausziehen wird und ein neues Theaterhaus (für 400 Zuschauer!) in der angrenzenden Stadt baut, haben wir kurzerhand die Baustelle zur Schaustelle unserer Theaterproduktion gemacht.
Auf den bereits fertigen Fundamenten des neuen Theaters werden die 20 jungen Theatermacher aus Leipzig und Dschenin gemeinsam ihre neue Performance entwickeln, die dem Rhythmus der Kulturen nachspüren soll. In kleinen Teams werden die Jugendlichen durch das Flüchtlingslager und die Stadt streifen, um Material bzw. Themen zu sammeln, auf deren Basis sie ihre Aufführung entwickeln. Und sie werden in diesen drei Arbeitswochen ihren Rhythmus finden müssen, den Rhythmus der anderen hören lernen, in einen quasi musikalischen Dialog treten. Also unser Rhythmus und ihrer, der einer Gruppe gegen den eines Einzelnen. Ihr Sprachrhythmus? Eine Körper-Partitur? Sie ermöglichen vielleicht Bewegungsräume in einem Haus, das es noch gar nicht gibt. Vor allem aber werden unsere 20 Jugendlichen die ersten sein, die im neuen „Theater“ spielen werden: ohne Mauern, ohne Dach, unüberhörbar!
Es ist geschafft! Proben, Endproben, Beleuchtungskorrekturen – alles vorbei. Premierenfieber macht sich breit und zwar bei jedem von uns. Lampenfieber ist wohl nicht Kultur- und Sprachabhängig, es ist ein globales Gefühl. Nun noch schnell mit dem Kauf von ein paar Premierengeschenken ablenken, noch schnell ein ‚deutsches’ Souvenir kaufen, schon mal ein bisschen im Sankt Petersburger Reiseführer blättern und … warten. Warten auf den Premierenabend, auf die Maskenzeit, auf das Black im Zuschauerraum, auf die gleichzeitig eintretende Stille, warten auf den ersten Auftritt, auf den letzten Satz, auf den Applaus. Warten auf die Reaktion der Zuschauer, auf die Kritiken. Knapp acht Wochen Probenzeit sind wie im Flug vergangen und die letzten Stunden vor der Premiere scheinen sich endlos in die Länge zu ziehen.
Wir freuen uns auf die Premierenfeier, denn, so sagt man, feiern können Deutsche und Russen am Besten und am Besten zusammen. Kultur hin, Kultur her, Sprache hin, Sprache her, trotz Vorurteile, Klischees, Sprachbarrieren und unterschiedlicher Arbeitsweisen haben wir gemeinsam einen Theaterabend der besonderen Art erarbeitet. Mehr als sonst war der Weg das Ziel. Oft ging es uns wie Urs-Peter und Pyotr, wie Selina und Alina, aber im SUMSUM²-Universum gibt es immer einen Weg der Verständigung – auch ohne Sprache.
Endspurt in Erlangen. In knapp einer Woche feiert SUMSUM² endlich Premiere. Und wie das vor jeder Premiere so ist, haben wir in einer Matinee zum Stück den Zuhörern den Mund schon mal so richtig wässrig gemacht. Im Hintergrund liefen Impressionen von Sankt Petersburg, wohin das komplette SUMSUM²-Team ein paar Tage nach der Premiere reisen wird, um die dortige ‘opening night’ am 8. Juli 2010 vorzubereiten, Reto und Matthias gaben eine kleine musikalische Kostprobe und Regie und Schauspieler kamen zu Wort zum Stück an diesem sonnigen Sonntagvormittag.
Wie proben deutschsprachige Schauspieler mit russischsprachigen Kollegen und einem russisch sprechenden Regisseur? Das nachfolgende Video gibt Antwort! Eine harte, eine fremde, eine ganz andere Theaterarbeit, als wir das aus dem herkömmlichen Theaterbetrieb gewohnt sind. Da ist Geduld gefragt, wenn jeder Satz übersetzt werden muss, Vertrauen, dass jede Frage und Antwort auch ‚richtig’ ankommt. Valya, der russische Regisseur des Erlanger Teils sagt, er vertraue jetzt mehr seinen Augen als seinen Ohren. Sprache ist wichtig – keine Frage – aber vielleicht doch nicht alles? Wir sind der Antwort in SUMSUM² auf der Spur!
Privet! Dobro poschalowatj! Hallo! Herzlich willkommen! Mit Flaggen, Begrüßungsplakaten, viel Aufregung und noch mehr Neugier begrüßte das Theater Erlangen vor wenigen Wochen die russischen Kollegen aus Sankt Petersburg vom Teatr Pokoleniy. Endlich sich face to face gegenüberstehen, facebook-Kommunikation, blecherne Telefongespräche und instabile skype-Verbindungen vergessen und anfangen, gemeinsam am Tisch und auf der Probe zu arbeiten.
SUMSUM² hat am 24. Juni Premiere am Theater Erlangen und viel ist schon passiert. Für jeden Mitwirkenden ist es ein außergewöhnliches Projekt. Manchmal prallen tatsächlich Kulturen, Temperamente, Vorurteile und Klischees aufeinander (man sagt gar nicht Nastarowje beim Anstoßen in Russland u. a.), die es auszuräumen, umzusetzen und zu verwerten gilt.
The Wanderlust blog accompagnied the work of 28 international theatre partnerships which were supported by the German Federal Cultural Foundation’s Wanderlust Fund. In addition to the entries of the theatres, each season three Pfadfinder (scouts) visited the Wanderlust projects and documented these exciting cross-border encounters in texts and images. With the end of the programme Wanderlust in December 2012 this blog was closed for new entries but will still be online throughout the year.