25.12
Leise rieselt der Staub. Schon beim Aufwachen habe ich sofort den Geruch des Staubes in der Nase, das ist wirklich anstrengend. Kontil sagt, dass es viele Lungenprobleme gibt und Bronchitis vor allem in den Monaten Dezember und Januar, wenn der Harmathan blaest. Ich bin  müde, schaffe kein Yoga, kein Sitzen. Ich stehe auf und wundere mich, dass um 9.00 noch alles still ist. Ich trinke einen Kaffee, das heisst, ich schütte ein Paeckchen Nescafé in einigermaßen heisses Wasser. Langsam werde ich unruhig und gehe los. Weiss nicht genau wohin, Internetcafe oder Hosen kaufen, Hemden. Hier findet man ueberall Second Hand Klamotten für kein Geld, gute Hemden für 2 €. Ich schlendere, naja für bukinische Verhältnisse rase ich an den fliegenden Händlern vorbei, gute Auswahl, aber ich kaufe eh nichts, wie zu Hause auch.
Siggi und Angelika mit Kontil kommen mir entgegen, sie waren schon drehen, fingen das heute besonders schöne Licht ein. Wir gehen nochmal ins Hostel, dann ins Wifi – Restaurant, erledigen Mails und Telefonate, dann wieder zurück, Kamera und zu siebt im alten Asconataxi zu Kontils Schwester. Sie hat uns zum Weihnachtsessen eingeladen. Erstaunlich weit draußen kommen wir in einen sehr reichen Haushalt. Hier gibt es einen grossen Flachbildschirm mit Dolby Surround, Garten mit Geflügel und Einbauschrank. Der Traum der 60er Jahre, hier lebt er, blinkende Weihnachtsbeleuchtung, Whiskey auf dem Tisch und Baileys (wer’s nicht kennt hat nichts versäumt ). Das Essen ist sehr lecker. Es gibt so eine Art Gemüsesalat mit Wurst, Fleischspiesschen und eine Art Koefte oder Fruehlingsrollen, Pommes und anderes was nicht zu übersetzen ist. Alles sehr lecker.
Angelika ist überglücklich, ganz gelöst nach dem dritten Baileys. Bereits nach einer Stunde gehen wir wieder. Was bei uns extrem unhöflich wäre, ist hier sehr höflich. Man isst und geht, die nächsten Verwandten treffen ständig ein, so ist immer was los und die Gastgeber, die sich übrigens nicht filmen lassen wollen, kommen zurecht.
Ich geh nochmal ins Wifi – Restaurant und erlebe erstmals 10 schlimme Minuten. Überglücklich über das Wunderprodukt IPad (wer glaubt, das wäre überflüssig, war nie in Afrika), checke ich Mails, bearbeite die Nachrichten, alles geht schief und Mosquitos beginnen mich zu malträtieren. Mist!! Ich bin nicht vorbereitet, habe kein Anti Brumm aufgetragen, so wenig Mücken bisher, ein Stich in einer Woche, aber hier in der Nähe vom Klo, in der Wifi – Free – Zone, fallen sie über mich her, 4 bis 5 Stiche und ich muss die Mails abschicken. Trotz Yoga und Meditation befällt mich eine leichte Panik und ich will und muss noch kurz telefonieren, nein, ich meine Skypen. Dann will ich zahlen. Sie können das Geld nicht wechseln, ich soll mir das Wechselgeld später abholen, meine Erfahrungen sagen, dass hier die Menschen überaus vertrauenswürdig sind, dennoch bin ich tierisch genervt und gehe zum Hostel. Dort zeigen sich meine Mitstreiter unbeeindruckt von meinen Abenteuern, alle raten mir zu, ab jetzt Malarone zu nehmen. Ich gebe nach. Bibiane Ange Doumomdou da Bobo eine extrem hübsche und selbstbewusste Freundin von Kontil, hat eine sagenhafte Salatplatte zubereitet, ich steuere eine halbreife Avocado bei und wir trinken halbgefrorenes Bier. Dann gehen Siggi und Angelika auf ihr Zimmer um “zu schneiden”. Wir harten Männer gehen auf ein Konzert. Vorher hole ich mein Wechselgeld ab, es klappt ohne Weiteres und ich bin versöhnt. Das Konzert mit Ballaphon und Gembe und ja einem Violinisten, der zuerst mal Vivaldi spielt und das sehr gut, ist sehr hoerenswert, man kann auch tanzen. Viele warten dabei natuerlich auf mich, aber ich winke ab, das Knie schmerzt.
Anschliessend treiben wir uns nochmal im Black rum, essen ein wenig Lamm und Lammkutteln. Das heisst Kontil, Ouelgo und ich essen Letzteres. Marcus nicht, er ist schon gut dabei, aber schlussendlich kommt er aus der Pfalz und nicht aus dem Allgäu. Eine junge Hure kommt an den Tisch, grossgewachsen, sehr mädchenhaft. Sie beginnt eine nette Konversation. Ich bin deprimiert. Sie ist wirklich jung und würde jetzt für 3€ mit mir in den naechsten Hinterhof. Allerdings nur mit Kondom sagen Ouelgo und Kontil. Das hat sich durchgesetzt. Gott sei Dank. Die Infektionsrate geht zurück. Auch Dank dem Theatre de Sensibilisation, dem Aufklärungstheater, das über’s Land zieht. (Barbara Duss, die tüchtige  Ehefrau von unserem Ensemblemitglied Issaka Zoungrana, hat so was hier gemacht.)
Nachdenklich gehen wir heim. Plötzlich läuft eine grosse Ratte hinter einem Baum hervor und ungefähr 50 Meter langsam vor uns her, ruhig und unaufgeregt. Ein Moped kommt entgegen mit 2 jungen Männern drauf. Sie bremsen und halten an. Einer tritt die Ratte wie einen Fussball. Sie fliegt zehn Meter durch die Luft. Die beiden lachen, laufen hinter dem Tier her. Die Ratte richtet sich auf wie ein Erdmännchen. Da stutzen die beiden und fahren weiter. Die Ratte legt sich hin und stirbt.


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