24.12.
Ich habe nicht so gut geschlafen, stehe aber diszipliniert auf, mache die wichtigen Übungen und treffe Siggi zum Kaffee. Es macht grossen Spass mit ihm zu reden; ein sensibler, kluger Mann, bei dem man versteht, warum das so scheue Volk von Guinea Bissao ihn akzeptiert hat, ihre Abgeschiedenheit zu filmen. Mit Angelika bildet er ein sehr gutes Team, die beiden ergaenzen sich und harmonieren sehr schoen. Wir reden ueber seine Arbeit, auch ueber die Zeit in Aethiopien und die tiefen Erfahrungen, die er dort gemacht hat. Diese ganze Diskussion ueber postkoloniales Theater, die ich zu Hause führe, scheint merkwuerdig theoretisch. Nach allem, was ich ueber dieses Leben begreife, ist jeder Versuch Systeme zu entdecken und zu beschreiben ein Versuch die Tatsache zu verdrängen, dass es dieses System letztlich nicht gibt. Es sind mehr oder weniger gelungene Annaeherungen an eine nicht fassbare, ja, nicht existente Wirklichkeit, ein verzweifelter Versuch der Unfassbarkeit des Lebens eine Ordnung aufzuzwingen. Der politische Kampf ist das eine, das Verwechseln mit Wahrheit das andere. Jeder hat ein Leben, das einen nicht systematisierbaren Verlauf nimmt. Alles andere sind Gedankenspiele. Wenn sie helfen diese Welt besser zu machen gut, wenn nicht, schmeiss sie ohne Bedenken in den Mülleimer, denn wenn man auf ihnen besteht, schafft man unendliches Leid.

23.12
>5.00 Uhr. Ich zwinge mich zu ein paar Übungen, kein Kaffee, kurz packen und los. Zu Fuss suche ich das Hotel von Siggi, Angelika und Marcus. Jetzt gegen sechs schläft die Stadt noch, einzelne Frauen kehren mit ihrem kurzen Besen die staubigen Strassen, das sieht so scheisse mühsam aus. Ich verlaufe mich, da bei Tageslicht alles anders aussieht, ohne Verkehr, die ganzen Strassengrills und Cafés fehlen. Mit nur kurzer Verspätung am Hotel, das Taxi wartet, zu siebt sollen wir darin fahren in diesem vollkommen heruntergekommenen alten Renault 19. Angelika kriegt Panik, aber wir kriegen es hin. Der Bus ist pünktlich.

19.12.
Bin schon ein bisschen erschöpft, als Kontil und Ouelgo mich um 11.00 abholen. Wir fahren auf’s Dorf, ungefaehr 40 min ausserhalb von Ouaga. Herrlich durch die stille Stadt mit dem Moped zu brausen, keine Verkehrsregeln, jeder faehrt, wie er will,das vollstaendige Chaos, und es ist so einfach, kein rechts vor links oder so, man schaut und faehrt. Es gibt keinerlei Aggression, es macht Spass, jedenfalls mir, der ich damals mit 14 Jahren mit dem V8 Opel meines Vaters mit 200 ueber die B18 schoss. Entspannt im Dorf angekommen. wir hoeren die klaeglichen Schreie von Ziegen, die geschlachtet werden, Huehner unsd Schweine rennen herum und Kinder. Die Kinder gucken neugierig, der Rest ist fuer den Grill freigegeben. Wir setzen uns unter einen Baum, ich trinke Wasser, dann besichtigen wir das Essen, meine Kollegen entscheiden sich fuer Schwein, das liegt kross gebraten auf einem grossen Blech, das auf dem Feuer liegt, es schmeckt sehr gut, ich esse auch Leber. Dazu trinken wir Bier.

Wir befragten zwei polnische Mädchen und zwei deutsche Jungs nach dem Gastspiel “Auf der Arche um Acht” im November 2010 in Görlitz, wie es ihnen gefallen hat:
Co oglądaliście? O czym jest ten spektakł? | Was habt ihr gesehen? Worum ging es in dem Stück?
O pingwinach, o przyjaźni i o panu bogu. | Um Pinguine, Freundschaft und Gott.
Jak wam się podobało? | Wie hat es euch gefallen?
Fajnie było. | Es war schön.
Co wam najbardziej się podobało? | Was hat euch am meisten gefallen?
Pingwiny. | Die Pinguine.
Piosenki były fajne. | Die Lieder waren schön.
Czy w domu od czasu do czasu rozmawiacie na temat sprawiedliwości? | Sprecht Ihr zuhause manchmal über Gerechtigkeit?
Tak. | Ja.

Polnischer Besuch aus Zgorzelec, Foto Nikolai Schmidt

Sagenhafte Spurensuche – Poszukiwanie Legendarnych Sladów vertieft nicht nur die geschichtliche Auseinandersetzung mit der Region Schlesien, sondern auch die kulturelle wie bürgerliche Partnerschaft der Europastadt Görlitz/Zgorzelec mit Jelenia Góra. Zwei Nationalitäten – zwei unterschiedliche Genre des Theaters – suchen zusammen nach einer gemeinsamen Formsprache.

Gundula Peuthert und Steffi Sembdner mit Stabpuppe, Foto Nikolai Schmidt
Am 14. November 2010 wurde der Startschuss für das zweijährige Projekt gegeben. Das Animationstheater Jelenia Góra war mit der Produktion “Auf der Arche um Acht” zu Gast im Görlitzer Theater und stellte sich dem Görlitzer Publikum und der TanzTheaterCompany vor. Wir erlebten musizierende Puppenspieler und überlebensgroße Pinguine, die sich auf eine Reise zwischen die Eisberge begaben. Dabei diskutieren sie, ob eine Tat ungerecht sein kann, wenn man sie nicht absichtlich getan hat oder ob es richtig ist, dass man nur um sein eigenes Überleben kämpft und in dem Moment seine Freunde im Stich lässt. Die polnischsprachige Veranstaltung wurde nicht nur deutsch übertitelt, sondern auch auf deutsch eingeführt, so konnten sich polnische und deutsche Kinder gemeinsam das Stück anschauen. Die Tänzer erlebten eine andere Möglichkeit, Inhalte zu vermitteln. Der Einsatz von Live-Musik ist ihnen nicht fremd, aber der Umgang mit Puppen schon. Beide treffen sich in der “Geschmeidigkeit” des Körpers, die in den nächsten Monaten zu einer Gemeinsamkeit verschmelzen soll.
Bildergalerie Sagenhafte Spurensuche (Zum Vergrößern bitte auf die Bilder klicken):

