Baumwolle: Mode aus Burkina


Der Tag beginnt mit einem Besuch des Ateliers der Kostümbildnerin und Designerin Martine Zome. Dass dem eine staubige und holprige 30minütige „Reise“ mit Kontils ständig defektem Moped vorangeht (diesmal ist es das Gas-Brems-Verhältnis, soll heißen, dass das Moped immer bremst, wenn Kontil Gas gibt, was nicht unmittelbar zum Wohlbehagen der hinten sitzenden Mitfahrerin beiträgt), soll an dieser Stelle nicht erwähnt werden, zumal, wenn man auch noch die ebenso lange Rückreise bedenkt. Die Fahrt, das muss zur Verteidigung gesagt werden, führt allerdings durch von mir noch unentdeckte und sehr sehenswerte weil authentische Viertel Ouagadougous, vorbei am Krankenhaus und jenem Kunsthandwerk-Zentrum, in dem Touristen auf Anraten der meisten Reiseführer afrikanische Masken und Stoffe kaufen. Auf den Straßen sieht man neben dem üblichen Gedränge und Gehopse von Fahrrädern und Mopeds vermehrt bunte Busse mit Schulkindern, Lastkraftwagen und Eselkarren, beide mit zum Teil immensen Lasten beladen, die häufig in bedrohliche Nähe ungeschützter Körperteile geraten. Beruhigend, dass man nicht allein ist: an einer roten Ampel, die überraschenderweise von allen respektiert wird, spricht mich ein französischer Volontär an, der sich gerade in einer ähnlichen Situation, also ebenfalls auf dem Rücksitz eines desolaten burkinischen Mopeds, befindet. Die bekannte Solidarität der Expats, wie man hier lebende Europäer nennt, greift sogar schon für einen kurzen Moment an einer roten Ampel.
Das Atelier von Martine Zomé liegt unspektakulär neben einem Computerladen und einer kleinen Bar. Martines Mitarbeiterin zeigt uns die Arbeiten und wir dürfen einen Blick in die Werkstatt werfen: 5 Schneider und Schneiderinnen sitzen an ihren altertümlich aussehenden Maschinen und nähen. Dass ich sie bei ihrer Arbeit fotografieren will, betrachten sie etwas skeptisch, da es aber die Chefin erlaubt hat, führt wohl kein Weg daran vorbei. Die Schnitte von Martines Mode sind afrikanisch, aber auch „Vogue“ und „Elle“ liegen zur Inspiration im Atelier herum. Martine ist wichtig, dass ihre Mode ausschließlich aus in Burkina hergestellten Materialien, vor allem Baumwolle, geschneidert wird. Das hat nicht nur zur Folge, dass Martines Kollektionen in zahlreichen burkinischen Filmen zu sehen sind, sondern fördert auch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

NewTree: Bäume pflanzen

Am Nachmittag treffen wir Franziska Kaguembega-Müller, eine Schweizerin, die hier eine Initiative gegründet hat, die gegen die zunehmende Desertifikation vorgeht und sich zum Ziel gesetzt hat, die vorhandene Pflanzenwelt zu schützen. Kontil, Emmanuel Laobe, der gestern den Kontakt hergestellt hat, und ich besuchen sie an ihrer Arbeitsstätte. Die Leistung der Organisation ist beeindruckend. Es geht darum, den Menschen in der Sahelzone Mittel und Wege an die Hand zu geben, das beste aus dem zu machen, was sie haben. Frustriert von dem im Jahresrhythmus von statten gehenden „Bäume anpflanzen“ – „Bäume vertrocknen“ hatten viele Bauern es aufgegeben, gegen die Desertifikation und das Sterben der Pflanzenwelt zu kämpfen. In den betroffenen Gebieten, besonders im Norden Burkina Fasos, macht sich der Klimawandel sofort unmittelbar und verheerend bemerkbar: große Trockenheit, starke Überschwemmungen. In diesem Jahr soll es besonders schlimm sein, schon im Januar hat die Hitze eingesetzt.
Franziskas Ansatz ist so einfach wie überzeugend. Sie hat ein großartiges Konzept in ein großartiges Unternehmen verwandelt, das immer weitere Kreise im Land zieht. Der Erfolg liegt vor allem daran, dass sich ihr Projekt an den Einzelnen, an Familien und Dörfer richtet, statt auf große Institutionen und Fördergelder zu setzen. Schutz des Vorhandenen geht vor Neuanpflanzung. Gepaart mit umfangreicher Information und der Einbeziehung aller Dorfbewohner, sind sehr schnell Erfolge sichtbar. Die Frauen bauen Zäune, um die angepflanzten Bäume vor dem Tierfraß zu schützen. Durch den Einsatz von kleinen Lehmöfen wird der Verbrauch von Holz für die Feuerstellen reduziert, weil nicht so viel durch den Wind verbraucht wird. Also braucht man weniger Holz, um das Feuer am Brennen zu halten, was nicht nur dem Baumbestand hilft, sondern auch der Gesundheit der Frauen und Kinder, die sich permanent neben dem Feuer aufhalten. Der Erfolg sorgt für die weitere Verbreitung im Land. Franziska zeigt uns einen Film, der hoffentlich bald auch im Fernsehen zu sehen ist, und verweist auf ihre Homepage: www.newtree.ch. Ein Blick lohnt sich.

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