Von Kai Tuchmann

Während unseres letzten Aufenthaltes in Ouagadougou besuchten wir das Nationalmuseum von Burkina Faso.

Zur Institution des Museums in Deutschland

Die Alte Nationalgalerie in Berlin wurde 1876 feierlich eingeweiht, um durch das Sammeln von Kunstwerken einen Beitrag zur Etablierung eines deutschen Nationalbewusstseins zu leisten. In goldener Schrift steht dementsprechend über dem Eingang der Nationalgalerie die Widmung: “Der deutschen Kunst”. Als der zweite Direktor der Alten Nationalgalerie, Hugo von Tschudi, begann, Kunst aus dem Land des Erzrivalen Frankreich zu sammeln, da er in der Auseinandersetzung mit der französischen Kunst die Möglichkeit sah die deutsche Kunst zu fördern, löste dies intensive Diskussionen und die Verärgerung des Kaisers aus .

Die Institution des Museums zielt primär auf die Gegenwart. Auch wenn dies durch die Ausstellung historischer Exponate nicht sofort ersichtlich wird. Doch die Sammlung stellt das Alte aus, um ihre Position im Heute zu verorten, zu spezifizieren.  So wurde also mit der Nationalgalerie der Versuch unternommen, durch eine Kunstsammlung eine deutsche Identität zu konstruieren. Dies ist ein hoch bedeutender, repräsentativer Vorgang. Der Besuch eines Museum verdeutlicht dies: Der Museumswärter, die Kameraüberwachungen, die festgelegten Verhaltensweisen gegenüber den Exponaten (keine Berührung, nur eine begrenzt mögliche Annäherung etc.) erzählen noch sehr deutlich von der Besonderheit dieses Repräsentationsvorganges.

Es war dann Marcel Duchamp, der die Institution Museum neu benutzte und prägte.
Duchamp wählte industriell hergestellte Gegenstände aus und erklärte sie am Anfang des 20. Jh. zu Kunst. Sein “Fahrrad-Rad” und sein “Springbrunnen” sind bekannte Beispiel für sein Ready-made-Verfahren, mit dem Duchamp nicht bloß provozierte, sondern eben den musealen Repräsentationsbetrieb in seiner konstruierenden Macht bloßstellte.

Im Museum werden eben keine “Kulturen” vorgestellt, sondern letztlich Entscheidungen lebender Menschen, die sich auch dafür aussprechen können, ein Fahrrad-Rad oder ein Pissoir auszustellen. Durch seine Wahl brachte Duchamp auch das Verhältnis von Kopie und Original ins Wanken und demontierte so den Mythos des schöpferischen Künstlers, der Einmaliges hervorbringt. Dem Ready-made-Verfahren liegt die Vorstellung zugrunde, dass Kunst eher ein Akt der Selektion ist. Darüber ermöglicht dieses Verfahren, sich den Formen nationaler Vereinnahmungen zu entziehen.

Insofern verrät der Inhalt einer Sammlung nicht so sehr etwas über die “Kultur” oder Geschichte eines Volkes, sondern vielmehr konstruiert die Sammlung diese Phänomene. Der Sammlungsinhalt ist also aktuelle Wirklichkeit.

Die burkinischen Sammlungen

Unser Museumsführer Emmanuel schätzt, dass das Museum jährlich von ca. 10.000 Interessierten besucht wird, davon seien ca. 4.000 Burkinabé. Der Eintritt beträgt für Touristen 1000 CFA,  für Burkinabé 300 CFA (ca. 656 CFA sind ein Euro). Das Museum ist in seiner aktuellen Form 2004 eröffnet worden und wird durch das Ministère de la culture, du tourisme et de la communication betrieben.

Das Musée national besteht aus den zwei Sammlungen “La femme dans la societé traditionelle” und “Origines et typologie: Masques du Burkina Faso”. Die erste Sammlung gliedert sich wieder in Introduction, La Cuisine, Les Activités Generatrices de Revenues und Conclusion. Hier ein paar Bilder aus dieser Sammlung.

Die Maskensammlung wiederum stellt verschiedene Typen der Maske vor. Nach der burkinischen Sage sind die Masken einst vom Himmel gekommen und sie erwachen erst dann zu ihrem Leben, wenn sie von den Menschen getragen werden.

Im Grunde ist das Musée national ein Ready-made Museum. Denn die Exponate gelangen in die Ausstellung, indem die Kuratoren in die Dörfer fahren und die dort lebenden Leute nach Haushaltsgeräten oder eben Masken fragen. All diese handwerklich hergestellten Gegenstände sind heute noch im Gebrauch und sie werden durch das Tourismus- und Kulturminsterium zu Exponaten erklärt. So entsteht eine spannende Mischung aus Ready-made-Verfahren und nationaler Repräsentation.

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